In Gold We Trust-Nuggets

Die Suche nach der Silver Bullet: Eine Analyse der Silberpreiskatalysatoren

Die Suche nach der Silver Bullet: Eine Analyse der Silberpreiskatalysatoren

„It’s hard to find a better-looking chart, in my view, particularly with over 50 years of historical perspective. After a strong performance in 2024, I believe 2025 will be the year that silver will finally take out its highs from 1980.“

Tavi Costa

  • Für 2025 wird zum fünften Mal in Folge für den Silbermarkt ein Angebotsdefizit prognostiziert, und zwar in Höhe von 117,6 Moz. Seit 2021 beträgt das Angebotsdefizit damit insgesamt 800 Moz. Das entspricht einer Jahresproduktion der Minen.
  • Begünstigt durch die anhaltende Verbreitung silberhaltiger TOPCON-Solarmodule erreichte die Photovoltaik-Silbernachfrage 2024 mit 197,6 Moz einen neuen Höchststand, wodurch die gesamte industrielle Nachfrage nach Silber auf einen Rekordwert von 680,5 Mio. Unzen zulegte.
  • Die Zukunft des Wachstums der Silbernachfrage sieht vielversprechend aus, da Samsung über eine silberbasierte Festkörperbatterie verfügt, die doppelt so viel Energiedichte wie die führenden LFP- und NCM-Alternativen verspricht.
  • Wie immer wird die Neigung von Silber, sich an den Erfolg seines großen Bruders Gold anzuhängen, der wichtigste Faktor für seine Outperformance sein. Optimistisch betrachtet würde eine Rückkehr zum durchschnittlichen Gold/Silber-Ratio seit 1970 bei einem Goldpreis von 3.300 USD einen Silberpreis von 55 USD ergeben.

Erwartungen vs. Realität: Eine Lektion von Warren Buffett

Der legendäre Value-Investor Warren Buffett kaufte zwischen 1997 und 1998 zu einem Preis von etwa 5 USD pro Unze 129,7 Mio. Unzen (Moz) physisches Silber, was vor knapp 30 Jahren 25% des jährlichen Silberminenangebots entsprach. Buffetts Silberinvestment war fundamental begründet. Er war nämlich der Ansicht, dass das „equilibrium between silver supply and demand was only likely to be established by a somewhat higher price.“ Diese Einsicht ist auch für heutige Investoren noch relevant.

2006 stieg Berkshire Hathaway bei einem Silberpreis von 10 USD und damit dem Doppelten aus, was über den Zeitraum von 8 bis 9 Jahren einer jährlichen Rendite von 8,5% entsprach. Der Vollständigkeit halber muss noch erwähnt werden, dass der Silberpreis bis zu seinem Höchststand von 50 USD im Jahr 2011 um weitere 400% zulegte. Hätte Buffett bis zu diesem Zeitpunkt durchgehalten, hätte Berkshire mit dem Einstieg in den Silbermarkt eine Gesamtrendite von 900% erzielt, was einer Rendite von 18,5% pro Jahr entspricht.

Dessen ungeachtet merkte er einmal an: „The secret to happiness is having low expectations.“ Buffetts Weisheit würde übrigens den leidgeprüften Fans von Manchester United gut zu Gesicht stehen, die sich nach der Euphorie des Triple-Gewinns von 1999 sehnen, aber angesichts der zahn- und glanzlosen Darbietungen, die 2025 im Old Trafford geboten werden, Woche für Woche enttäuscht nach Hause gehen.

Silberanlegern geht es durchaus ähnlich: Gewöhnt an die explosiven Jubelschübe vergangener Bullenmärkte in den Jahren 1980 und 2011, sehnen sich viele Silberanleger nach den phantastischen Renditen der Vergangenheit zurück. Sie träumen von dem Tag, an dem der Silberpreis auf 300 USD ansteigt, und sind von allem, was darunter liegt, enttäuscht so wie die Fans von Manchester United sich nach einer Rückkehr zur Ära der fußballerischen Dominanz unter dem großen Sir Alex Ferguson sehnen.

Dadurch werden beide Parteien blind für die Erfolge, die sie in jüngster Zeit verbuchen konnten. Im Fall von Manchester United hat der Klub seit 2013 sechs große Trophäen gewonnen und damit eine Menge, für die die meisten englischen Fußballfans zu Fuß bis ans Ende der Welt gehen würden. Zudem gelang gerade erst der Einzug ins Finale der Europa League. Die durchaus ansehnliche Performance von Silber in den vergangenen Jahren fand nur wenig Beachtung, obwohl das Edelmetall in den letzten fünf Jahren sogar besser abschnitt als Gold.

Gold und Silber, in USD, 100 = 30/04/2020, 05/2020–04/2025

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Quelle: LSEG, Incrementum AG

Trotz dieser Lobeshymnen ist Silber im Vergleich zu Gold nach wie vor im historischen Maßstab unterbewertet. Diese relative Unterbewertung zeigt sich besonders deutlich am Gold/Silber-Ratio. Zu Zeiten der alten Ägypter lag es im Durchschnitt bei 2, heute liegt es bei 100. In diesem Bereich war das Ratio in den vergangenen 100 Jahren nur zweimal. Jedes Mal folgte eine signifikante Outperformance von Silber gegenüber Gold.

Gold/Silber-Ratio, 1900–2025

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Quelle: Nick Laird, LSEG, Incrementum AG

Eine Rückkehr zum historischen Mittelwert des Gold/Silber-Ratios seit 1970 ergäbe bei einem Goldpreis von 3.300 USD einen Silberpreis von 55 USD. Zieht man das durchschnittliche Gold/Silber-Ratio seit 2000, müsste Silber auf 48 USD beim aktuellen Goldpreisniveau steigen. Das durchschnittliche Gold/Silber-Ratio der letzten 110 Jahre würde hingegen einen Silberpreis von 63 USD ergeben. Auf Basis dieser historischen Werte hat der Silberpreis das Potenzial, vom aktuellen Preis von rund 32,50 USD um 48–95% zu steigen.

Was die Wahrscheinlichkeit betrifft, dass Silber zum Mittelwert zurückkehrt, so zeigt die Geschichte, dass es naiv wäre, gegen das weiße Metall zu wetten. Diese Ansicht wird durch die Analyse aus dem In Gold We Trust-Report 2024 „Das neue Gold-Playbook“ gestützt, in der wir feststellten, dass Silber in 6 der letzten 7 Bullenmärkte auf der Grundlage seiner eigenen Höchst- und Tiefststände eine bessere Performance als Gold erzielt hat.[1] Dieses Jahr fügen wir hinzu, dass dieser so genannte Silberschleudereffekt in den 12–18 Monaten nach dem Ausbruch von Gold auf Allzeithochs stärker ausgeprägt ist.

Der erste offizielle Ausbruch des Goldpreises aus seinem Hoch von 2020 von 2.068 USD erfolgte vor 18 Monaten, Anfang Dezember 2023. Es ist jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieser Ausbruch erst vor 14 Monaten, im März 2024, nachhaltig war, als der Goldpreis mit Momentum die 2.100-USD-Marke überschritt. Somit dient dieser Chart als wertvoller Hinweis darauf, dass ein wesentlich höherer Silberpreis vor Juli oder zumindest vor dem Ende des Jahres 2025 möglich erscheint.

Silber nach Goldausbruch auf Allzeithoch (log, Startkurs = 20/02/2024), in USD, 02/2024–04/2026

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Quelle: TheDailyGold, LSEG, Incrementum AG

Die oben genannten Indikatoren geben allerdings nur die historische Tendenz wieder, lassen jedoch die breiteren Fundamentaldaten des Marktes außer Acht. In der Analyse der wichtigsten Angebots- wie auch Nachfragefaktoren wird sich zeigen, welche Faktoren Silber zu den Höchstständen aus dem Jahr 1980 treiben könnten, und dabei auch die potenziellen Hindernisse berücksichtigen, die eine Auflösung dieser „Mutter aller Tasse-Henkel-Formationen“ verhindern könnten.

 

Solarnachfrage: Wachstum verlangsamt sich, ist aber immer noch stark

Mit einem Anteil von 29% an der industriellen Silbernachfrage ist die Solar-Photovoltaik der logische Ausgangspunkt unserer Analyse. Das Solar-Photovoltaik-Segment verbuchte im Jahr 2024 eine Rekordnachfrage von 197,6 Moz Silber und trieb die industrielle Silbernachfrage auf ein Rekordhoch von 680,5 Moz.

Bis zu diesem Punkt hat die IEA, eine internationale Agentur, die das Potenzial der grünen Energie häufiger überschätzt, seit Beginn ihrer Prognosen im Jahr 2009 das reale Wachstum der Solarkapazität konsequent stark unterschätzt. Zugegeben, die IEA konnte unmöglich die astronomische CAGR von 30% bei den Solarinstallationen zwischen 2015 und 2024 vorhersehen. Die Frage ist nun, ob die Solarenergie die Erwartungen noch einmal übertreffen kann.

Ausbau der Solarkapazität, 2022–2025e

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Quelle: China Photovoltaic Industry Association, Wood Mackenzie, EIA, Ember Energy, ICRA, JMK Research, CEEW-CEF, Incrementum AG

Betrachtet man die Prognosen für Solar-Installation in den vier großen Volkswirtschaften, wirkt die Aussicht auf eine überdurchschnittliche Entwicklung zunächst gering. Zum einen könnte das Scheitern Chinas, den Inlandsverbrauch angesichts der Deflationsspirale wiederzubeleben, den Anfang vom Ende für die überdurchschnittliche wirtschaftliche Entwicklung des Reichs der Mitte einläuten. 2024 war China für 46% des weltweiten Zubaus an Solaranlagen verantwortlich. Auch das stagnierende oder nur marginale Wachstum von Solaranlagen in Europa, Indien und den USA lässt wenig Gutes erwarten.

Dennoch ist es erwähnenswert, dass diesem sich verlangsamenden Wachstum ein Rekordausbau von neuen Solaranlagen mit 599 GW vorausgeht. Außerdem bedeutet dies nicht, dass die weltweite Solarkapazität geschrumpft ist oder kurz vor dem Rückgang steht. Vielmehr bedeutet es einfach, dass das Wachstum in Zukunft geringer sein wird, laut Bloomberg soll die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate für neue Solaranlagen von 2025 bis 2035 3,6% betragen und damit positiv sein.

Ausbau der globalen Solarkapazität, in GW, 2015–2035e

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Quelle: BloombergNEF, Incrementum AG

Die Solarnachfrage nach Silber dürfte daher weiter wachsen. Die rekordtiefen Preisen für Solarmodule bieten den Schwellenländern einen Anreiz, sich von der alten Energie abzuwenden. Darüber hinaus wird der schnell wachsende Marktanteil von TopCon-Solarmodulen die Silbernachfrage stärken.

Aus Untersuchungen von BloombergNEF geht hervor, dass die Preise für Solarmodule von 0,25 USD/W im Jahr 2022 auf ein Allzeittief von 0,10 USD/W im Februar 2025 gefallen sind, was die Markteintrittsbarriere für Solarenergie weiter senkt und selbst bei bislang zögernden Energiekonzernen Interesse hervorrufen dürfte. So wollen die Golfstaaten bis 2050 52% des Stroms in der Region durch Solarenergie erzeugen, was einen Ausbau der Solaranlagen um mehr als 400 GW erfordert.

Golfstaaten: Elektrizitätserzeugung (lhs), in TWh, und kumulative Solarkapazität (rhs), in GW, 2024–2050

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Quelle: Financial Times, Rystad Energy, Incrementum AG

Als Teil dieser Umstellung wollen die VAE eine 5-GW-Solaranlage um 6 Mrd. USD errichten, die durch Batteriespeicher von mehr als 19 GWh unterstützt wird. Unter Berufung auf die fortlaufend sinkenden Kosten für PV-Anlagen berichtet die Financial Times, dass es sich dabei um das größte jemals in Angriff genommene Projekt dieser Art handelt, das sogar größer ist als jener Solarpark in Indien, der sich über eine Fläche von der fünffachen Größe von Paris erstreckt. Eine Million Haushalte können so mit Solarstrom versorgt werden.

Im In Gold We Trust-Report „Das neue Gold-Playbook“ haben wir darauf hingewiesen, dass TopCon-Solarmodule 20–40 mg mehr Silber pro Modul benötigen als die Vorgängergeneration PERC.[2] Seitdem wurde der Silbergehalt pro TopCon-Panel um 10–15 mg auf 130–135 mg nach oben korrigiert. Gleichzeitig stieg der Anteil von TopCon-Panelen am chinesischen PV-Markt von 23% im Jahr 2023 auf 60% bis Ende 2024. Es wird erwartet, dass dieser rasante Anstieg 2029, wenn TopCon einen Weltmarktanteil von 84% erreicht haben dürfte, zu einer Monopolstellung führen wird.[3]

Zum Vergleich: Eine Aufteilung von 60:40 zwischen TopCon und PERC würde 2025 laut Heraeus eine Silbernachfrage von 171,8 Moz ergeben. Wenn also der Marktanteil von TopCon bis 2029 auf 84% ansteigt und der weltweite Zubau von Solaranlagen bis zum selben Jahr die Prognosen von Bloomberg NEF von 827 GW erreicht, dann könnte die jährliche Nachfrage nach Silber in der Solarbranche in vier Jahren auf 557,2 Moz und damit auf mehr als das Doppelte im Jahr 2024 steigen.

Weltweite PV-Silbernachfrage, in Moz, 2014–2029e

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Quelle: The Silver Institute, Incrementum AG

Wir stellen zwar fest, dass die Solarnachfrage stets unterschätzt wurde, doch es gibt auch Szenarien, in denen die oben genannten Zahlen zu hoch angesetzt wären. Das könnte eintreten, wenn die Silberpreise so weit steigen, dass sich die Verwendung von Silber in Solarmodulen nicht mehr rechnet.

Die derzeit praktikabelste Alternative für Solarmodule ohne Silber ist eine kupferbasierte Technologie, die von einem Joint Venture zwischen dem australischen Start-up-Unternehmen SunDrive Solar und Chinas zweitgrößtem Hersteller von Solarmodulen, Trina, vorangetrieben wird. Von SunDrive, das vom ehemaligen australischen Premierminister Michael Turnbull und dem milliardenschweren Investor Mike Cannon-Brookes unterstützt wird, wird behauptet, dass die Kosten für installierte Solarzellen dank der Verwendung von Kupfer anstelle von Silber um 20–30 % niedriger liegen als bei anderen hocheffizienten Paneelen.

Trotzdem neigt das kommerziell bislang nicht erprobte Kupfer dazu, bei hohen Temperaturen in das Silizium zu diffundieren, was die Effizienz der Solarzellen langfristig beeinträchtigt. Außerdem oxidiert Kupfer schneller als Silber, was die Leitfähigkeit deutlich verringert, wenn keine teuren Schutzschichten aufgetragen werden. Solarzellen auf Silberbasis weisen dagegen eine bessere Leitfähigkeit und Korrosionsbeständigkeit auf. Nicht zuletzt haben sich Solarmodule auf Silberbasis bewährt, denn sie weisen seit über 25 Jahren nachweislich nur minimale Leistungseinbußen auf.

Es wäre aber viel zu früh, den Kollaps der Solarnachfrage nach Silber zu verkünden. So setzt das chinesische Solarunternehmen Trina auf neue Solartechnologien auf Silberbasis wie HJT. HJT wurde im Jänner 2025 vom Fraunhofer CalLab mit einem Weltrekordwirkungsgrad von 25,44% zertifiziert und enthält 200–220 mg Silber pro Paneel, wobei der Silbergehalt von HJT 1,5–2 mal so hoch ist wie der von TopCon. Aus diesen Gründen gehen wir davon aus, dass Silber bis auf weiteres der Goldstandard für Solaranlagen bleiben wird.

 

Festkörperbatterien: Der solare Nachfolger von Silber?

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass die Solarnachfrage nach Silber in den kommenden Jahren zurückgeht, stehen neue Technologien auf Silberbasis in den Startlöchern, die als langfristige Silberpreiskatalysatoren dienen können. Die überzeugendsten Innovationen gehören derzeit zu den Segmenten der Silbernachfrage in der Automobilindustrie und der Energieerzeugung. Vor allem Samsungs neuartige Festkörperbatterie weist eine wesentlich höhere Energiedichte auf als die führenden Lithium-Ionen-Batterien und enthält die 10- bis 20-fache Silbermenge.

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*16.000.000 Einheiten im Jahr 2024 nach Angaben der Nasdaq.

Zum Vergleich: CATL und BYD sind die beiden größten Batteriehersteller der Welt, die dank ihrer Spitzentechnologien einen Anteil von 50% am Weltmarkt haben. Trotzdem sind die bisher fortschrittlichsten Lithium-Ionen-Batterien der Unternehmen im Vergleich zu Samsungs SSB in Bezug auf die Energiedichte schwach, was durch die Aussage des leitenden Wissenschaftlers von CATL belegt wird, wonach die natürliche Obergrenze von Flüssig-Lithium-Batterien bei 350 Wh/g liegen könnte – etwa 30% niedriger als die Energiedichte von Samsungs SSB.

Auch Qilin NMC, die fortschrittlichste nickelbasierte Batterie von CATL, verwendet eine Nickel-Mangan-Kobalt-Kathode, die 255 Wh/kg erreicht und damit mit der Energiedichte der 4680 Nickel-Kobalt-Aluminium-Batterie konkurriert, die im Cyber Truck von Tesla verwendet wird. Andererseits kann Samsungs SSB eine vergleichbare Energieleistung bei halbem Gewicht und Volumen erbringen. Darüber hinaus ebnet die Verwendung von Silber in Samsungs SSB den Weg für eine deutliche Verbesserung der Sicherheit und Langlebigkeit:

„An all-solid-state battery with a lithium metal anode is a strong candidate for surpassing conventional lithium-ion battery capabilities. Undesirable lithium dendrite growth and low Coulombic efficiency impede their practical application. A high-performance all-solid-state lithium metal battery with a sulfide electrolyte is enabled by an Ag–C composite anode with no excess Li. The thin Ag–C layer can effectively regulate Li deposition, which leads to a genuinely long electrochemical cyclability.“

Um genau zu sein, enthält Samsungs SSB eine Silber-Kohlenstoff-Anode (Ag-C), einen Sulfid-Feststoff-Elektrolyten und kein überschüssiges Lithium. Jede der schätzungsweise 200 Ag-C-Schichten im Akkupack benötigt bis zu 5 Gramm Silber, was zusammen 1 kg ergibt. Das Vorhandensein von Silber und das Fehlen eines entflammbaren flüssigen Elektrolyts machen die SSB von Natur aus sicherer als Lithium-Ionen-Batterien. Die Regulierung der Lithiumablagerung durch die Ag-C-Schicht trägt dazu bei, dass die Lebensdauer der Batterie bis zu 20 Jahre beträgt.

Genau aus diesen Gründen hat Samsung eine Vereinbarung mit Toyota getroffen, um 2027 mit der Massenproduktion seiner SSB zu beginnen, wobei Lexus-Fahrzeuge zu den ersten gehören sollen, die die neue Technologie nützen. In der Folge schalteten alle namhaften Batteriehersteller langsam und leise einen Gang höher – weg von einer Vision, die ausschließlich von der LFP- und NCM-Forschung dominiert wird, hin zu einer Zukunft, die von Porsche Consulting als „The Race for Solid State Batteries“ bezeichnet wird. Wie Olivier Delaire, außerordentlicher Professor für Maschinenbau und Materialwissenschaften an der Duke University, es ausdrückt:

„All the electric vehicle manufacturers are trying to move to new solid-state battery designs, but none of them are disclosing which composition they’re going for. Winning that race would be a game-changer, because cars could charge faster, last longer, and be safer at the same time.“

Natürlich ist Substitution im Automobilsektor weit verbreitet, und Innovationen können die Marktdynamik in kürzester Zeit verändern. Toyota beispielsweise nutzt mehr als 1000 Patente und die Ergebnisse von 15 Jahren Forschung und Entwicklung, um einen relativ sparsamen SSB auf Sulfidbasis zu entwickeln. Dabei strebt das Unternehmen eine Reichweite von 1.200 km, eine Ladezeit von 10 Minuten und eine Massenproduktion bis 2027 an. Letzteres wird durch die Pläne des japanischen Unternehmens Idemitsu Kosan unterstützt, das Lithiumsulfid für Toyotas SSBs zu liefern.

Ungeachtet dessen – und der neuartigen Bemühungen des von Volkswagen unterstützten Unternehmens QuantumScape, eine Lithium-Metall-SSB mit einem keramischen Separator zu entwickeln – werden die Kosten der wichtigste Faktor dafür sein, ob die SSB von Samsung massenhaft angenommen wird. Bislang gehen optimistische akademische Studien davon aus, dass SSB bis 2028 einen Preis von 140 USD/kWh erreichen könnten. Im Gegensatz dazu schätzt Goldman Sachs, dass 94% der Batterien bis 2028 auf LFP- oder Nickelbasis sein werden, wodurch der durchschnittliche Preis für Nicht-SSB-Batterien auf 72 USD/kWh fallen wird.

Infolgedessen scheint es, dass SSB auf das High-End-EV-Segment beschränkt sein werden, zumindest so lange, bis Skaleneffekte zum Tragen kommen und die Produktionskosten sinken. Diese Schwelle wird erreicht, wenn die Hersteller über genügend Flexibilität verfügen, um ihre LFP-Innovationszyklen zu überwinden.

Bis es so weit ist, ist der Silberverbrauch von SSBs noch ungewiss. Angesichts der metallurgischen Vielseitigkeit, die die Dominanz von Silber in der Solar- und Fototechnik hervorgerufen hat, wird das Metall jedoch zweifellos florieren, wenn sich die weltweite Nachfrage nach Batterien zwischen 2023 und 2030 vervierfacht. Ob dies auf Elektrofahrzeuge oder die Energieerzeugung zurückzuführen ist, die jährlich 88 Moz Silber verbraucht, ist derzeit unklar. Klar ist jedoch, dass die Aussichten für die industrielle Nachfrage nach Silber so gut sind wie eh und je.

Weltweite industrielle Silbernachfrage, in % der Minenproduktion, 2016–2025e

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Quelle: The Silver Institute, Incrementum AG

Von der Nachfrage des Militärs und sicheren Häfen: Eine unvorhergesehene Silver Bullet?

Die militärische Nachfrage von Silber, die untrennbar mit der industriellen Nachfrage verbunden ist, aber aufgrund seines streng geheimen Charakters häufiger aus den Analysen des Silbermarktes ausgeklammert wird, ist der nächste Silberpreiskatalysator, der eine nähere Betrachtung verdient, da wir uns derzeit in einem Umfeld verstärkter geopolitischer Fragmentierung befinden – einem Umfeld, das neuerdings durch eine noch nie da gewesene Kluft zwischen den USA und der EU gekennzeichnet ist. Darauf wies erst vor kurzem der französische Präsident Emmanuel Macron in einer Rede hin:

„I want to believe that the United States will stand with us, but we must be ready if that’s not the case. […] the European nations must be able to better defend themselves and to deter any new aggression. […] Europe’s future cannot be decided in Washington or Moscow. And yes, the threat is back in the East, and the innocence, as it were, of the last 30 years, since the fall of the Berlin Wall, is now a thing of the past.“

Macrons Äußerungen, die möglicherweise den Beginn eines Phänomens markieren, das wir als De-Westernization bezeichnet haben,[4] sind nicht nur ein Vorbote des möglichen Endes der G7 und der NATO, sondern werden auch von rekordverdächtigen Steigerungen der Militärausgaben in der gesamten EU flankiert. Dazu gehört vor kurzem die Umsetzung der Strategie Re-Arm Europe/Readiness 2030 der Europäischen Kommission. Mit der im März vorgestellten Strategie sollen über einen Zeitraum von vier Jahren kolossale 800 Mrd. EUR zur Finanzierung der europäischen „Verteidigungsbereitschaft“ mobilisiert werden.

Die Relevanz für Silber liegt in erster Linie in seiner historischen Rolle als „Kriegsmetall“, eine Bezeichnung, die es aufgrund seiner Verwendung in Tomahawk-Raketen sowie in Batterien auf Silberoxidbasis für Antriebs- und Leitsysteme verdient. Aus den Archiven des US-Kongresses geht hervor, dass die USA 1942 auf dem Höhepunkt des Zweiten Weltkriegs 100 Moz Silber verbrauchten. Das War Production Board wurde sogar mit der Aussage zitiert, dass im Jahr 1943 200 Moz Silber benötigt würden, so H. W. Boynton am 14. Oktober 1942:

„The present consumption of silver for war purposes is at the rate of about 100 Moz a year and is growing rapidly. According to the War Production Board, it is only a matter of months before war demands will have sufficiently increased to require at least 200 Moz a year. Thus, if the estimate is correct, the demand for war purposes alone will next year exceed the total of available foreign and domestic production, which combined is about 175 Moz.“

Zugegeben, wir befinden uns derzeit nicht in einem Szenario des 3. Weltkriegs. Daher ist eine militärische Silbernachfrage von 100 Moz im Jahr 2025 weit hergeholt. Dennoch sehen wir angesichts der geplanten Steigerung der Verteidigungsausgaben der EU und der eskalierenden Spannungen zwischen den USA und China einen Anstieg der militärischen Nachfrage nach Silber. Silber ist jedenfalls ein Gewinner im Kriegsfall.

Auswirkungen geopolitischer Ereignisse auf die Silber- und Goldpreise

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Quelle: The Silver Institute, Incrementum AG

(% bis zum Höchststand) misst die prozentuale Preisveränderung vom Trend vor dem Ereignis bis zum Höchststand des geopolitischen Anstiegs

Silber ETPs: Ein Impuls für die indische Investmentnachfrage

Wenn man sich von der industriellen Nachfrage wegbewegt und sich kulturell bedingten Faktoren zuwendet, ist Indien mit rund 1,45 Mrd. Einwohnern jenes Land, das für die künftige Entwicklung des Silberpreises von besonderer Bedeutung ist. Dies zeigt sich daran, dass Indien 2024 225 Moz Silber importierte, was der Silbernachfrage der Solarindustrie entspricht. Damit haben sich die indischen Silberimporte im Jahresvergleich verdoppelt.

Wie bei Gold entfällt der Löwenanteil der Nachfrage auf Schmuck und Silberwaren. Dieser Trend verstärkte sich im Jahr 2024, als Indien für etwa 42,1% oder 87,9 Moz der Gesamtnachfrage nach Silberschmuck sowie für 67% oder 36,8 Moz der Gesamtnachfrage nach Silberwaren verantwortlich war. Damit war Indien übrigens der wichtigste Grund für den Anstieg der Silberschmuckproduktion um 3% im Jahr 2024. Diese Entwicklung wurde durch die Senkung der Einfuhrzölle auf Silber begünstigt, welche die indische Gesamtnachfrage auf 208,7 Moz ansteigen ließ.

Ungeachtet dessen und ungeachtet der Tatsache, dass viele Analysten davon ausgingen, dass steigende Preise indische Anleger dazu bewegen würden, ihre umfangreichen Silberbestände zu liquidieren, stellte Metals Focus fest, dass die Verkäufe nicht ins Gewicht fielen, selbst als der Silberpreis die psychologisch wichtige Marke von INR 100.000 überschritt. Gleichzeitig hat sich eine indische Silbernachfragekategorie herauskristallisiert, um eine etwaige Schwäche der Nachfrage nach Silberwaren und Schmuck auszugleichen. Die indischen Silber-ETPs sind auf dem besten Weg, bis 2027 ein Volumen von über 200 Moz zu erreichen.

Indische Silber-ETP-Bestände, in Moz, 2022–2028e

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Quelle: Silver Institute, Metals Focus, Incrementum AG

Genauer gesagt stiegen die indischen Silber-ETPs 2024 auf ein Rekordhoch von 38,6 Moz und trugen dazu bei, dass die weltweiten Nettoinvestitionen in Silber-ETPs im Jahr 2024 auf 61,6 Moz anstiegen. Bemerkenswert ist, dass dieser Anstieg eine deutliche Veränderung gegenüber dem beträchtlichen Abfluss von 117,4 Moz im Jahr 2022 darstellte und zum zweitgrößten Gesamtsilbermarktsaldo (einschließlich ETPs) seit 2008 von -210,5 Moz im Jahr 2024 beitrug. Indien kann somit als Impulsgeber für die Wiederbelebung der Nachfrage nach Silberinvestitionen angesehen werden.

Dies mag zwar überraschen, aber es ist erwähnenswert, dass indische Investoren in den letzten 10 Jahren über 17.000 t (546 Moz) Silber in Barren und Münzen angesammelt haben. Die einzige Veränderung seither war die zunehmende Digitalisierung von Silberinvestitionen über ETPs, was als eine erstaunliche Bestätigung des Status von Silber als Währungsmetall angesehen werden kann. Silber-ETPs entsprachen 2024 40% der indischen Retailinvestment, verglichen mit nur 5% bei Gold-ETPs.

Nach Angaben des Silver Institutes können als Hauptgründe für den Boom der indischen Silber-ETPs das gestiegene Finanzbewusstsein, die im Vergleich zu physischem Silber günstigere Liquidität und die positiven Preiserwartungen angesichts der drastischen Unterbewertung von Silber gegenüber Gold angeführt werden. In diesem Sinne sollte uns der starke Anstieg der indischen Handelskonten in den letzten fünf Jahren nicht überraschen. Die Anzahl der Konten stieg von 41 Mio. im März 2020 auf 185 Mio. bis Ende 2024, wobei allein 2023 und 2024 77 Mio. Konten eröffnet wurden.

Darüber hinaus trugen technologische Innovationen dazu bei, dass die physischen Silberinvestitionen Indiens 2024 um 21% auf 59,8 Moz stiegen, da die Verkäufe von Silber- (und Gold-) Münzen auf Q-Commerce-Plattformen im Vergleich zu 2023 um das 14-fache zunahmen. Gleichzeitig stieg 2024 der Umsatz an der International Bullion Exchange (IIBX) auf 36,2 Moz, was 16% der gesamten indischen Importe entspricht. Natürlich sind die Aussichten für die indische Silbernachfrage über das Jahr 2025 hinaus robust, da ein kulturell verwurzelter Vermögenswert auf eine digitalisierte jüngere Generation trifft.

 

Silber als Absicherung gegen Inflation: Eine türkische Fallstudie

Im Gegensatz zu Indien zeigte der Westen 2024 eine Abneigung gegen physische Silberinvestitionen, da die Nachfrage nach Münzen und Barren im Jahresvergleich um 22% auf ein Fünfjahrestief von 190,9 Moz einbrach. Der Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 20% in Europa
(-5,3 Moz) und um unglaubliche 46% in den USA (-55,8 Moz)
lässt sich auf die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten und die beschränkte Nachfrage nach sicheren Anlagen zurückführen. Damit liegt diese Kategorie 44% unter dem Höchststand von 338,3 Moz im Jahr 2022. Dennoch wird erwartet, dass die Nachfrage 2025 um 7% auf 204,4 Moz ansteigen wird.

Als Katalysator für diesen Aufschwung hat die Inflation in der Vergangenheit in bestimmten Fällen die Geldnachfrage nach Silber angekurbelt, wenn auch in geringerem Maße als bei Gold. Vor kurzem war dieser Zusammenhang in der Türkei zu beobachten, wo die Inflation in 18 aufeinanderfolgenden Monaten von 16% im Mai 2021 auf einen Höchststand von 85% im Oktober 2022 anstieg. In weiterer Folge stiegen die türkischen Silberimporte stark an, als Reaktion auf die anhaltend sehr hohe Inflation weit im doppelstelligen Bereich.

Türkei: Jährliche Silberimporte (lhs), in Mrd. USD, and CPI (rhs), 01/2018–12/2024

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Quelle: World Integrated Trade Solution, LSEG, Incrementum AG

Natürlich lassen sich die türkischen Verhaltensmuster nicht unbedingt auf US-Investoren übertragen, die sich in den letzten Jahren für Gold als Geldmetall ihrer Wahl entschieden haben, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass das verfügbare Einkommen in den USA 4,4-mal höher ist als jenes der Türkei. Nichtsdestotrotz beweist die obige Fallstudie, dass Silber als Geldmetall fungieren kann, was durch den In Gold We Trust-Report 2024 „Das neue Gold-Playbook“ unterstrichen wird, in dem wir die durchschnittliche Rendite von 332% für Silber während der Zinssenkungszyklen der Federal Reserve nach 2000 anführen.[5]

Darüber hinaus kann man sich für die kommenden Jahre einen perfekten Sturm für die Nachfrage nach Silberinvestitionen vorstellen, der durch den Rückenwind von Zinssenkungen und Inflation beflügelt wird. Zum einen scheint der Widerstand von Jerome Powell, die Zinsen aus Angst vor einer Rezession nicht zu senken, unter dem Druck von Präsident Trump zu bröckeln. Zweitens werden Trumps Zölle grundsätzlich inflationär sein, was einen noch schwächeren US-Dollar erforderlich macht, da sonst die US-Exporte weltweit nicht mehr wettbewerbsfähig sein werden.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig zu wissen, dass Trumps Zölle eine Rezession in den USA auslösen könnten, was sich negativ auf Silber auswirken würde. Das zeigt unser Incrementum Rezessionsphasenmodell aus dem In Gold We Trust-Report 2023 „Showdown“.[6] Wichtig ist, dass dies eintreten könnte, wenn Powell die „Empfehlungen“ von Trump ignoriert und die Zinsen nicht senkt. Trotzdem bleibt Silber durch den großen Bruder Gold in Form einer Korrelation von 0,77 seit 1999 geschützt, was das Rezessionsrisiko von Silber abmildern sollte, sofern die Preisführerschaft von Gold anhält.

Wöchentliche 1-Jahres-Korrelation von Gold und Silber, 01/1971–04/2025

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Quelle: Nick Laird, LSEG, Incrementum AG

Angebotsengpässe bei Silber

Nachdem die wichtigsten Treiber der Silbernachfrage hinreichend behandelt wurden, konzentrieren wir uns nun auf das Silberangebot, das 2024 um rund 2% oder 17,3 Moz auf insgesamt 1.015,1 Moz zulegte. Trotz dieses steigenden Angebots – und des gleichzeitigen Rückgangs der gesamten Silbernachfrage um 3% auf 1.164,1 Moz – verzeichnete Silber 2024 immer noch ein Angebotsdefizit von 148,9 Moz, ohne ETPs. Das war das vierte Jahr in Folge mit einem Angebotsdefizit, wodurch sich das kumulierte Defizit seit 2021 auf beachtliche 678 Moz erhöht.

7 Moz der Angebotsausweitung sind auf die Silberminenproduktion zurückzuführen, die um 1% auf 819,7 Moz anstieg. Nach Angaben des Silver Institutes ist diese Veränderung in erster Linie auf die Wiederaufnahme der vollen Produktion in Newmonts Penasquito-Mine zurückzuführen, die die mexikanische Produktion fast im Alleingang um 3,8 Moz erhöhte. Andernorts trug die führende Rolle der australischen Blei-/Zinkminen dazu bei, die Silberproduktion des Landes um 6,2 Moz zu steigern und damit den Rückgang um 17% (-8,8 Moz) in Chile auszugleichen.

Während 2024 die Produktion aus primären Silberminen gegenüber dem Vorjahr um 2% zurückging, erhöhte sich das Recycling im vergangenen Jahr um 6% oder 10,4 Moz auf 193,9 Moz. Dies ist vor allem auf Ethylenoxid-Katalysatoren zurückzuführen, die das industrielle Recycling um 5% yoy oder 4,8 Moz ansteigen ließen. Nicht zuletzt legte auch das Recycling von Silberwaren zur Deckung der stark gestiegenen Lebenshaltungskosten um 11% oder 2,5 Moz zu.

2025 dürfte das Silberrecycling bei etwa 193,2 Moz stagnieren, was auf den strukturellen Rückgang von fotografischem Schrott und die erschöpften Silberwarenbestände im Westen zurückzuführen ist. Die Silberminenproduktion wird dagegen voraussichtlich um 2% gegenüber dem Vorjahr auf 835,0 Moz ansteigen, da das Terronera-Projekt von Endeavour Silver in Betrieb genommen und die Minen von Penoles nach betrieblichen Problemen im Jahr 2024 wieder die volle Produktion erreichen wird. Auch die chilenische Produktion, angeführt von CODELCO und La Coipa von Kinross, dürfte zulegen.

Alles in allem wird für 2025 ein Anstieg des gesamten Silberangebots um 2% auf 1.030,6 Moz prognostiziert, dem eine geringfügig niedrigere Gesamtnachfrage von 1.148,3 Moz gegenüberstehen wird. Insgesamt werden diese Entwicklungen 2025 zu einem Defizit von 117,6 Moz Silber führen. Dies wäre das fünfte Jahr in Folge mit einem kumulativen Angebotsdefizit von dann insgesamt 796 Moz. Das entspricht der weltweiten Silberminenproduktion eines Jahres.

Kumulative Silbermarktbilanz inkl. ETPs und Silberangebotsdefizit vs. Silberminenproduktion, in Moz, 2021–2025e

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Quelle: The Silver Institute, Incrementum AG

Im Übrigen stellt das Silver Institute fest: „We cannot expect much of a solution to this deficit position from mine production as this is expected to peak in 2026 and then to fall as several mines start to reach their end-of-life.“ Daher muss das Recycling den Staffelstab übernehmen und dazu beitragen, die Lücke der künftigen Minenproduktion zu schließen. Darüber hinaus verweist das Silver Institute auf die Notwendigkeit höherer Preise, um das Wachstum des indischen Schmuck- und Silberwarenrecyclings zu stimulieren.

In diesem Sinne muss das Silberangebot aus anderen Quellen als der Minenproduktion und dem Recycling stammen, wenn deutlich höhere Silberpreise langfristig verhindert werden sollen. Abgesehen von einem unvorhergesehenen Rückgang der Silbernachfrage sind die oberirdischen Lagerbestände der einzige Faktor, der das Silberangebotsdefizit ausgleichen könnte. Nach Angaben des Silver Institutes sind diese Bestände nicht nur unkorreliert mit dem Silberpreis, sondern bei fast jedem denkbaren Silberpreis praktisch uneinbringlich:

„The World Silver Survey data on supply/demand for the 1960–2023 period, and, specifically, that on supply from Above-Ground stocks supports the conclusion that the bulk of the 57 Boz of historical silver mine production through to 2023 has either been truly “lost” or is practically irrecoverable at almost any conceivable silver price… There is no correlation between the overall level of Above-Ground stocks and the silver price.“

Vor diesem Hintergrund sind die Silberbestände an den Börsen der transparenteste Indikator dafür, ob sich der Silbermarkt wirklich in einer Angebotskrise befindet. Merkwürdigerweise wurden diese Bestände Anfang des Jahres Gegenstand einer transatlantischen Arbitragemöglichkeit, die durch die Ängste der Händler angesichts der Zollpolitik von Präsident Trump ausgelöst wurde. Dies führte zu einem erheblichen Anstieg der EFP-Prämien und ließ die LBMA-Silberbestände auf 711 Moz und damit auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Veröffentlichung schwinden.

LBMA London Vault Silberbestand, in Moz, 01/2018–03/2025

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Quelle: LBMA, Incrementum AG

Zugegebenermaßen gelangte ein Teil dieses LBMA-Silbers an die COMEX, wo die Silberbestände im April bei 496 Moz lagen, rund 100 Moz höher als beim vorherigen Höchststand im Jänner 2021 Nichtsdestotrotz floss seither Silber im Umfang von schätzungsweise 531 Moz von der LBMA und der SFE ab. Laut Daniel Ghali von TD Securities wird das tägliche Handelsvolumen der LBMA nicht mehr durch Streubesitz gedeckt, denn 520 Moz der insgesamt 711 Moz an Silberbeständen der LBMA sind in ETPs gebunden.

Kurz gesagt bedeutet dies, dass viele gemeldete Silberbestände nicht zur Auslieferung verfügbar sind, was den Silbermarkt anfällig für übermäßige Käufe durch „Wale“ macht. So enthüllte im April der milliardenschwere Tech-Gründer von Entrata, David Bateman, dass er in den vergangenen sechs Monaten fast 1 Mrd. USD in Edelmetalle investiert hatte. Erstaunlicherweise gehörte dazu auch der Kauf von 12,69 Moz Silber, was etwa 1,5% des weltweiten Jahresangebots entspricht.

Vor dem Hintergrund des sehr hohen Fördervolumens und des stagnierenden Recyclings wäre es daher nicht verwunderlich, wenn andere dem Beispiel folgen und sich physisches Silber sichern. Ob es sich nun um einen Buffett- oder Bateman-ähnlichen „Wal“, die kollektive Mittelschicht Indiens oder einen notorisch entschlossenen SLV-Aktionär handelt, der im Auftrag eines Industrieunternehmens handelt: Silber ist es herzlich egal, durch welche Käufer der Preis in die Höhe lizitiert wird. Das gilt auch für die relativ kleine Silberminenindustrie, die sicherlich von diesen Zuflüssen profitieren wird, selbst wenn nur ein Bruchteil der Generalisten und institutionellen Anleger davon Notiz nimmt.

Marktkapitalisierung, in Mrd. USD, 04/2024

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Quelle: LSEG, Incrementum AG

*GICS classification (Global Industry Classification Standard)

Fazit: Vorbehalte und Hoffnungsschimmer

Nach der Betrachtung der Angebots-Nachfrage-Dynamik von Silber und seiner relativen Unterbewertung im Vergleich zu Gold halten wir es für notwendig, einen weiteren Punkt anzusprechen: das Ausmaß der historischen Unterallokation von Silber. Untersuchungen der CPM Group deuten darauf hin, dass der Prozentsatz des weltweiten Vermögens, der in Silber angelegt ist, in den letzten zehn Jahren im Durchschnitt 0,03% betrug, verglichen mit über 0,06% im Jahr 2011. Eine Studie von Oxford Economics aus dem Jahr 2022 errechnete jedoch, dass die optimale Gewichtung von Silber bei 4,4–4,9% liegt.

Optimale Silberallokation

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Quelle: Oxford Economics, Incrementum AG

Kurz gesagt bedeutet dies, dass selbst beim Höchststand des globalen Vermögensanteils im Jahr 2011 die prozentuale Gewichtung von Silber von 0,06% um das 73-fache erhöht werden müsste, um eine optimale Silberallokation für risikoarme Portfolios zu gewährleisten. Und für die Allokation in den letzten zehn Jahren von 0,03% müsste der Silberanteil um das 163-fache zulegen.

Das soll nicht heißen, dass wir erwarten, dass ~5% des weltweiten Vermögens plötzlich in Silber fließen werden. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass Silber als Anlageform einen kompletten „Fehlstart“ erleben könnte, insbesondere wenn die Marktteilnehmer weiterhin auf die Markttiefe und die Tradition von Gold als Diversifikator setzen, während sie Silber aufgrund seiner geringeren Marktgröße und seiner industriellen Eigenschaften meiden. Dies könnte der Grund für den Rückgang der Nachfrage nach US-Silbermünzen und -barren um 46% gegenüber 2023 gewesen sein.

Trotzdem stellt die Bank of America fest, dass „moving just 1% of global reserve assets into silver would be equivalent to 5 years’ worth of silver supply“. Und wenn etwa 1% der gesamten Weltbevölkerung 10 Unzen Silber kaufen würde, wäre die jährliche Silberproduktion vollständig aufgebraucht. Darüber hinaus wird das wahre Ausmaß der Outperformance von Silber davon abhängen, inwieweit es in der Lage ist, seine Aufgabe als High-Beta-Strategie gegenüber Gold zu erfüllen. Wichtig ist, dass der Goldpreis seine Rolle in diesem historischen Präzedenzfall bereits erfüllt hat, indem er seit Jahresbeginn um 32% gestiegen ist. Jetzt ist es jedoch höchste Zeit, dass das Performance-Gold ins Rampenlicht tritt.

Entwicklung von Gold und Silber während Bullenmärkten, 1967–04/2025

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Quelle: CPM Group, LSEG, Incrementum AG

*Tief- bis Höchststand während der Goldbullenmärkte

[1] Siehe Breakout oder Fake-out: Der goldene Moment für Silber?“, In Gold We Trust-Report 2024

[2] SieheBreakout oder Fake-out: Der goldene Moment für Silber?“, In Gold We Trust-Report 2024

[3] Heraeus: Precious Appraisal, No. 10, 10. März 2025

[4] Siehe Kapitel „Dollar-Milkshake trifft auf Goldenen Anker: Mar-a-Lago und die neue Weltwirtschaftsordnung“ in diesem In Gold We Trust-Report

[5] Siehe Breakout oder Fake-out: Der goldene Moment für Silber?“, In Gold We Trust-Report 2024

[6] Siehe Der geldpolitische Showdown“, In Gold We Trust-Report 2023

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Ronald Stöferle und Mark Valek Autoren des In Gold We Trust report

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