In Gold We Trust-Classics

Gold im Portfoliokontext[1]

„Es gibt in der Verkehrswirtschaft, welche die ersten Stufen ihrer Entwickelung überschritten hat, keine Güter, bei welchen auch nur annäherungsweise so weite personale, quantitative, räumliche und zeitliche Grenzen der Absatzfähigkeit zusammentreffen wie bei den Edelmetallen.“

Carl Menger[2]

a) Die außergewöhnlichen Portfolioeigenschaften von Gold

Wie bereits in unseren letzten Studien, wollen wir die Vorzüge von Gold im Portfoliokontext analysieren. Aufgrund seiner einzigartigen Eigenschaften sind wir der festen Überzeugung, dass Gold – insbesondere im aktuellen Umfeld – ein wesentlicher Portfoliobaustein sein sollte. Nachfolgend haben wir die zentralen Vorteile noch einmal zusammengefasst:

  • Erhöhte Portfoliodiversifizierung: Gold korreliert mit anderen Vermögenswerten im Schnitt mit 0,1[3]
  • Wirksamer Hedge bei Tail-Risk Events[4]
  • Kein Gegenparteienrisiko bei physischer Anlage
  • Hochliquides Anlagegut: Die Liquidität ist deutlich höher als z.B. bei deutschen Bundesanleihen, US-Agencies und den liquidesten Aktien
  • Portfoliohedge in Zeiten steigender Inflationsraten und starker Deflation (nicht jedoch bei Disinflation!)[5]
  • Dollar-Hedge: Gold weist eine negative Korrelation zum US-Dollar auf

Nachfolgend wollen wir einen kurzen Blick auf die jährliche Entwicklung des Goldpreises seit Beginn der neuen monetären Zeitrechnung, also dem Ende des Bretton-Woods-Abkommens, werfen. Die annualisierte Wachstumsrate seitdem beläuft sich auf 8,1%.

Jahresperformance Gold seit 1971

Jahresperformance Gold seit 1971

Quelle: Federal Reserve St. Louis, Incrementum AG

Dass sich die derzeitige Korrektur im langfristigen Kontext relativiert, lässt sich anhand der jährlichen Durchschnittspreise erkennen.

Durchschnittlicher jährlicher Goldpreis

Durchschnittlicher jährlicher Goldpreis

Quelle: Incrementum AG, Datastream

Zahlreiche Studien belegen, dass eine Gold-Beimischung die Wertschwankung eines Portfolios verringert und somit die statistischen Portfolioeigenschaften verbessert. Dies signalisiert auch die nachfolgende Grafik. Die jährlichen Performances des S&P sind von links (schwächstes Jahr) nach rechts (bestes Jahr) sortiert und werden der jeweiligen Entwicklung von Gold gegenübergestellt. Man erkennt, dass Gold in den sechs stärksten Verlustjahren des S&P nicht nur relativ, sondern auch absolut eine hervorragende Performance ausweisen konnte. Dies bestätigt die Eigenschaft als Portfolio-Hedge. Andererseits geht aus der Grafik auch hervor, dass Hausse-Phasen am US-Aktienmarkt kein gutes Umfeld für die Goldpreisentwicklung bedeuten. Insofern wäre die Annahme plausibel, dass eine Fortsetzung der Gold-Hausse mit einem Ende bzw. einer Pause der Aktienrally einhergehen müsste.

Vergleich Jahresperformance Gold vs. S&P500

Vergleich Jahresperformance Gold vs. S&P500

Quelle: Federal Reserve St. Louis, Incrementum AG

Dass Gold ein attraktiver “Event-Hedge” ist, verdeutlicht auch nachfolgende Grafik. Sie zeigt die Performance von unterschiedlichen Anlageklassen an den schwächsten 20% aller Tage des S&P 500. Lediglich Gold und Edelmetalle können in diesen Crash-Phasen eine positive Entwicklung ausweisen.

Entwicklung in schwächsten 20% aller Handelstage des S&P 500[6]

Entwicklung in schwächsten 20% aller Handelstage des S&P 500[6]

Quelle: ETF Securities, Bloomberg, Incrementum AG

Korrelationen sind jedoch selten konstant. Die Tabelle zeigt, wie stark die Korrelationen zwischen Gold und anderen wesentlichen Anlageklassen in den Vorjahren schwankten. So lag die Korrelation zwischen EUR/USD und Gold zwischen 0,10 (also kaum signifikant) und 0,5. Gegenüber Aktien korrelierte Gold teilweise negativ, teilweise positiv. Einzig die Korrelation mit Silber erscheint stabil, sie schwankte lediglich zwischen 0,74 und 0,90.

Tabelle: Korrelation zwischen Gold und anderen Anlageklassen

Tabelle: Korrelation zwischen Gold und anderen Anlageklassen

Quelle: GFMS, Thomson Reuters

Ein wesentlicher Grund für unsere Goldaffinität stellt die hohe Liquidität von Gold dar. Wie wir bereits in unseren letzten Studien beschrieben haben, zählt Gold zu den liquidesten Anlagegütern der Welt. Nur drei Währungspaare (USD/EUR, USD/JPY und USD/GBP) weisen ein noch höheres tägliches Handelsvolumen auf.

Häufig wird Liquidität als Verkäuflichkeit oder Marktfähigkeit definiert. Die bessere Definition liefert Investopedia: „Das Ausmaß, in dem ein Vermögenswert gekauft oder verkauft werden kann, ohne den Preis zu beeinflussen.“ Die entscheidende Frage lautet somit nicht: „Kann ich verkaufen“, sondern vielmehr: „Kann ich zu einem Preis verkaufen, der nahe am letzten Preis liegt“. Wahre Liquidität bedeutet somit, dass man große Positionen ohne signifikanten Preisabschlag liquidieren kann.[7] Dies wird im englischen als „ultimate liquidity“ bezeichnet.

Entscheidend ist also nicht die Liquidität in ruhigem Fahrwasser, sondern in Stresssituationen. In solchen Phasen ist es niemals der Briefkurs (offer), sondern immer der Geldkurs (bid) der plötzlich verschwindet. Aufgrund der hohen Liquidität und des niedrigen Bid-Ask-Spreads wird Gold deshalb in Stresssituationen oftmals rasch verkauft um Liquidität zu schaffen.

Laut einer hochinteressanten Studie von Thomson Reuters GFMS[8] belief sich das globale Handelsvolumen im Vorjahr auf ca. 550.000 Tonnen. Dies entspricht dem dreifachen Gesamtbestand an Gold bzw. dem 188fachen der jährlichen Minenförderung. Wertmäßig entspricht dieser Umsatz 22 Billionen USD und somit mehr als im Dow Jones, dem S&P500 oder am deutschen Anleihenmarkt gehandelt wird. Interessant erscheint zudem, dass sich der Handel sukzessive in Richtung Osten verschiebt: War der Handelspatz London noch vor wenigen Jahren für knapp 90% des Umsatzes verantwortlich, so sind es heute nur noch ca. 70%.[9]

Täglicher Umsatz als %-Anteil des Gesamtbestandes

Täglicher Umsatz als %-Anteil des Gesamtbestandes

Quelle: German finance agency, Japanese MOF, SIFMA, Thomson Reuters GFMS, UK DMO, WGC

Die optimale Höhe der Goldallokation im Portfoliokontext ist nicht pauschal festzulegen, da sie von individuellen Präferenzen, der Risikotoleranz und dem Zeithorizont abhängt. Um jedoch eine Richtschnur zu haben, könnte man sich Notenbanken zum Vorbild nehmen. Trotz der Denunziationen des gelben Edelmetalls ist ein Großteil der strategischen Währungsreserven nach wie vor in Gold gehalten. Sie dienen den Zentralbanken als ultimative Risikoversicherung in einer zunehmend virtualisierten Finanzwelt. Zudem erscheint es unserer Meinung nach bemerkenswert, dass nicht die westlichen Notenbanken sondern in erster Linie westliche Finanzinvestoren zuletzt ihre Goldbestände reduziert haben.

Die Bedeutung von Gold hat zuletzt auch die Deutsche Bundesbank betont. In einer Präsentation des Bundesbank-Vorstandes wies man auf die zentralen Funktionen des Edelmetalls hin:[10]

  • Diversifikation
  • Universelle Akzeptanz
  • Robustheit gegen Schocks (Länder- oder Währungsrisiken)
  • Vertrauensbildung
  • Zeitloser Klassiker in seiner Funktion als Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel
  • Wir halten Gold aus währungspolitischen Gründen als Teil der deutschen Währungsreserve

Fazit:

Über die zuvor besprochenen Portfolioeigenschaften hinaus, hat Gold als Vermögenswert noch die qualitative Eigenschaft, dass es ein schuldfreies Anlagegut ist und somit im Gegensatz zu Anleihen – aber auch Bankguthaben – kein inhärentes Gegenparteienrisiko in sich birgt. Gold ist purer Besitz. Der Papiermarkt basiert hingegen auf zahlreichen Versprechen unterschiedlichster Gegenparteien. Die Attraktivität eines liquiden Gutes ohne jedwedes Gegenparteienrisiko wird in Phasen (vermeintlicher) Sicherheit geringer bewertet. Bei zunehmender Sorge über potenzielle Ausfallrisiken (deflationäres Umfeld) wird diese Eigenschaft von Gold wieder höher bewertet werden.

b) Die Beziehung zwischen Gold und Zinsen

Steigende Zinsen = fallender Goldpreis. So lautet eine weitverbreitete Meinung. Nachfolgend wollen wir dieses Thema analysieren und Faktoren aufzeigen, die diese These stützen, aber auch in Frage stellen.

Zurückkommend auf das Ausgangsstatement scheint die Vermutung auf den ersten Blick intuitiv Sinn zu ergeben. Sobald das Zinsniveau in einer Volkswirtschaft steigt, signalisiert dies den Investoren, dass jene Investments an Attraktivität gewinnen, welche eine Rendite abwerfen. Anlagemöglichkeiten wie Gold und Rohstoffe, die keinen laufenden Ertrag einbringen, verlieren hingegen an Attraktivität, so die Argumentation.

Es ist allerdings zu beachten, dass sich das Zinsniveau im Zeitalter des Papiergeldes nicht frei bilden kann und daher kein rein marktwirtschaftliches Phänomen ist. Die freie Zinsbildung, welche sich am Markt ergeben würde, wird durch die Steuerungspolitik der Notenbanken sowie durch die Vergabe von Zirkulationskrediten[11] unterbunden.

Die Federal Funds Rate ist ein maßgeblicher Indikator für die Geldpolitik der amerikanischen Notenbank und daher auch für die Entwicklung des Goldpreises von hoher Bedeutung. So signalisieren fallende Zinsen eine expansive Geldpolitik (easing) und steigende Raten ein Anziehen der monetären Zügel (tightening). Gold – als das ultimative Zahlungsmittel – sollte daher gegenläufig reagieren. Sobald eine lockere Geldpolitik gefahren wird, sollte Gold tendenziell steigen, bei einer straffen Geldpolitik tendenziell fallen. Um diesen Zusammenhang grafisch darzustellen, haben wir im nachfolgenden Chart die Entwicklung der Effective Fed Funds Rate der logarithmierten Performance von Gold gegenübergestellt.

Fed Funds Target Rate[12] und Gold (rechte Skala, ln)

Fed Funds Target Rate[12] und Gold (rechte Skala, ln)

Quelle: Federal Reserve St. Louis, Incrementum AG

Um den historischen Zusammenhang der Goldpreisentwicklung in Phasen von Zinserhöhungen zu untersuchen haben wir alle acht „tightening“ Phasen seit 1971 analysiert.

Zinserhöhungszyklen und Veränderung des Goldpreises

Zinserhöhungszyklen und Veränderung des Goldpreises

Quelle: Federal Reserve St. Louis, Incrementum AG

Obwohl die Fed Funds Rate und der Goldpreis eine negative Korrelation aufweisen, lassen sich Perioden beobachten, in denen diese Beziehung zusammenbricht. So beispielsweise in den „tightening“-Phasen von Februar 1972 bis August 1974, von Jänner 1977 bis April 1980 und zuletzt von Juni 2004 bis August 2007, als der US-Leitzins von 1% auf 5,25% angehoben wurde, während Gold von USD 395 auf USD 715 haussierte.

Goldpreis in Zinserhöhungszyklen: Jeweils 1M/3M/12M seit 1. Zinsschritt

Goldpreis in Zinserhöhungszyklen: Jeweils 1M/3M/12M seit 1. Zinsschritt

Quelle: Federal Reserve St. Louis, Incrementum AG

Was sind nun die Gründe dafür, dass dieser Zusammenhang in einigen Perioden nicht gegeben ist?

  1. Die Fed Funds Rate ist eine nominale Rate. Reale Zinsraten sind jedoch oftmals wichtiger für die Goldpreisentwicklung. Paradebeispiel ist hierbei die Phase von 1977 bis 1980, als der Leitzins von 5% auf knapp 18% angehoben wurde, die Realzinsen jedoch aufgrund der galoppierenden Inflation stark fielen und der Goldpreis von USD 170 auf 850 haussierte.
  2. Der gewünschte Effekt, den sich Zentralbanken aus der Herab- oder Heraufsetzung des Zinsniveaus erwarten, entfaltet sich nur solange der Geldmengenmultiplikator wirkt, d.h. solange die Banken gewillt sind mehr Kreditgeld in die Wirtschaft zu pumpen. Sofern der „money multiplier“ nicht funktioniert (wie gegenwärtig der Fall) und Banken nur zurückhaltend Geld verleihen, obwohl die Zinsen auf historisch niedrigem Niveau verharren, fällt der Zusammenhang zwischen sinkenden Zinsen und steigendem Geldangebot in sich zusammen. Eine historisch sehr niedrige Fed Funds Rate führt in einem solchen Umfeld nicht zwangsläufig zu einer Zunahme des Geldangebots da die Giralgeldschöpfung stockt. Das anfängliche Statement – fallende Zinsen stellen eine expansive Geldpolitik und somit auch ein expansives Geldangebot dar – gilt folglich in diesem Szenario nicht.

Fazit:

Obwohl es eine statisch negative Korrelation zwischen der Fed Funds Rate und Gold gibt, mahnen wir dennoch zur Vorsicht. Historisch betrachtet, trat der Zusammenhang in einigen Zins-Zyklen ein. Nichtsdestotrotz ist die Anfangsvermutung, wonach steigende Zinsen stets fallende Goldpreise implizieren, schlichtweg falsch.

c) Der Zusammenhang zwischen Gold und dem Dollar

In der Regel wird die Stärke bzw. Schwäche einer Papiergeldwährung[13] gegenüber einer anderen Währung durch ihren Wechselkurs ausgedrückt. Wir halten dies jedoch für ein sehr beschränktes Maß. Alle Währungen befinden sich im Papiergeldzeitalter und speziell seit Ausbruch der Finanzkrise in einem Abwertungswettbewerb. Wechselkurse geben daher nur bedingt Auskunft über die reale Wertentwicklung einer Fiat-Währung.

Ist man an der tatsächlichen Stärke bzw. Schwäche einer Währung interessiert, muss man auf andere Indikatoren zurückgreifen. Ein solcher Indikator ist Gold. Wir haben schon in den vergangenen Goldreports dargelegt, dass wir Gold nicht als Rohstoff, sondern als Währung betrachten. Aufgrund seiner speziellen Eigenschaften konnte sich Gold in der Vergangenheit als das marktgängigste Gut durchsetzen, weshalb es weiterhin eine entscheidende Rolle im globalen Finanzsystem einnimmt. Im Gegensatz zu den heute gängigen Papiergeldwährungen kann Gold bekanntlich nicht unendlich vermehrt werden und eignet sich daher besonders gut als ein aussagekräftiger Vergleichsparameter.

Eine Möglichkeit, die reale Stärke einer Währung darzustellen, sind Währungsindizes. In Währungsindizes werden bestimmte Wechselkurse verschiedener Währungen in einem Währungskorb zusammengefasst. Die hierdurch erhaltenen Daten geben ein besseres Abbild als einzelne Wechselkurse, da sie potentielle Interdependenzen der einzelnen Wechselkurse besser in den Kontext einordnen können. Ein vielfach verwendetes Maß für den US-Dollar ist der US-Dollar-Index (USDX). Er misst den relativen Wert des Dollars ausgedrückt in einem Währungskorb aus Fremdwährungen. In diesem Währungskorb sind derzeit folgende Währungen mit entsprechender Gewichtung enthalten:

  • Euro zu 57,6%
  • Yen zu 13,6%
  • Pfund zu 11,9%
  • Kanadischer Dollar zu 9,1%
  • Schwedische Krone zu 4,2%
  • Schweizer Franken zu 3,6%

Der USDX steigt, wenn der Wert des Dollars verglichen zu den oben genannten Papiergeldwährungen aufwertet und vice versa.[14] Auf nachfolgendem Chart erkennt man, dass der Dollar zwischen 1985 und 2011 um knapp 50% gegenüber dem Währungskorb abwertete. Seitdem hält eine impulsive Aufwärtsbewegung an, welche nun mit dem 30-jährigen Abwärtstrend flirtet.

US-Dollar-Index (USDX)

US-Dollar-Index (USDX)

Quelle: Federal Reserve St. Louis, Incrementum AG

Interessant ist nun, dies im Kontext mit Gold zu betrachten. Vergleicht man die Entwicklung des USDX und Gold, so lässt sich klar feststellen, dass der USDX mit Gold stark negativ korreliert ist. Ein Anstieg des USDX ging in der Vergangenheit meist mit einem Rückgang bei Gold einher und vice versa. Indem wir den USDX invers darstellen, wird die negative Korrelation im Chart durch einen weitestgehend parallelen Verlauf leicht ersichtlich.

U.S. Dollar Index (USDX) & Gold (ln)

U.S. Dollar Index (USDX) & Gold (ln)

Quelle: Federal Reserve St. Louis, Incrementum AG

Noch offensichtlicher ist dieser Zusammenhang, wenn wir starke Trendphasen, also ausgeprägte Bullen- und Bärenmärkte des Dollars, und deren Auswirkungen auf den Goldpreis messen.

Tabelle: 1971-2015: Entwicklung Gold in Trendphasen des USD

Tabelle: 1971-2015: Entwicklung Gold in Trendphasen des USD

Quelle: Incrementum AG

In der Tabelle können wir die inverse Beziehung zwischen dem USDX und Gold sehr gut erkennen. Darüber hinaus zeigt sich, dass der USDX und Gold nicht nur insgesamt negativ korreliert sind (Korrelationskoeffizient: minus 0,63[15]), sondern auch, dass diese inverse Beziehung in den jeweiligen Bullen- und Bärenmärkten des USDX besonders stark ausgeprägt ist.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine Studie des World Gold Councils[16], welche die jährlichen Performances von Gold in unterschiedlichen Dollar-Regimes (also fallender/steigender/stabiler Dollar) untersucht. Das Ergebnis zeigt, dass sich der Goldpreis am besten (+14,9% p.a.) entwickelt, wenn der Dollar fällt. Im Umfeld eines aufwertenden Dollars tendierte der Goldpreis im Schnitt 6,5% schwächer pro Jahr.

Besonders bemerkenswert – und in der öffentlichen Wahrnehmung kaum erwähnt – erscheint dabei die klare Asymmetrie: So steigt der Goldpreis mehr als doppelt so stark bei fallendem Dollar, als er bei steigendem Dollar fällt. Zudem zeigt die Studie des WGC, dass die Korrelation von Gold und Aktien oder Rohstoffen in Zeiten eines steigenden Dollars geringer ist. Dies ist unserer Meinung nach eine im Portfoliokontext wichtige Information.

Tabelle: Jährliche Goldpreisentwicklung, Volatilität sowie Korrelationen in unterschiedlichen Dollar-Regimen

Tabelle: Jährliche Goldpreisentwicklung, Volatilität sowie Korrelationen in unterschiedlichen Dollar-Regimen

Quelle: World Gold Council, Incrementum AG

Die in der Tabelle ersichtliche historisch gegenläufige Beziehung zwischen Gold und Dollar scheint sich jedoch immer mehr abzuschwächen. Dies sah man auch im vergangenen Jahr, als der Dollar haussierte, Gold jedoch seitwärts tendierte. Dies könnte mit der immer größeren Bedeutung der Emerging Markets (vor allem China und Indien) für den Goldpreis zusammenhängen. Während sich die Goldnachfrage in den 70er und 80er Jahren hauptsächlich auf die Industrienationen beschränkte, stammen heute knapp zwei Drittel der Nachfrage aus den Schwellenländern. Unsere Analysen zeigen, dass sich die Veränderung der Realzinsen in den Emerging Markets zunehmend stärker auf die Investmentnachfrage auswirkt.

Fazit:

Die Konsensmeinung scheint zu sein, dass ein starker US-Dollar automatisch niedrige Goldpreise bedeutet. Diese These lässt sich auch empirisch untermauern. Unsere Analysen zeigen jedoch, dass der Zusammenhang klar asymmetrisch ist: Ein starker Dollar schadet dem Goldpreis deutlich weniger, als ein schwacher Dollar Gold beflügelt.

Zudem scheint es, als würden sich die historischen Muster verändern. Die „autonome Steigerungsrate“, also die Rate des Goldpreisanstiegs, die unabhängig von Wechselkursschwankungen ist,[17] wird sich unserer Meinung nach weiter erhöhen. Dies liegt u.a. darin begründet, dass der Einfluss der Schwellenländer auf die Goldnachfrage in den letzten Jahren maßgeblich gewachsen ist. Insofern könnte sich die historisch inverse Beziehung zwischen dem Dollar und dem Goldpreis in Zukunft abschwächen. Was gut für den Dollar ist, muss nicht immer schlecht für Gold sein.[18]

d) Die Opportunitätskosten von Gold

Die Opportunitätskosten sind für die Entwicklung des Goldpreises essentiell. Wie hoch sind die konkurrierenden wirtschaftlichen Chancen und Risiken, die ich in Kauf nehme, wenn ich Gold halte? Realzinsen, Wachstumsraten der Geldmengenaggregate, Volumen und Qualität der Schulden, politische Risiken, sowie die Attraktivität von anderen Assetklassen (insbesondere Aktien) sind die wichtigsten Determinanten. Deshalb wollen wir uns auf den nächsten Seiten den wichtigsten Opportunitätskosten von Gold widmen.  

Realzinsen:

Die nachfolgende Grafik bildet die Realzinsen[19] und den Goldpreis ab. Dabei springen zwei von überwiegend negativen Realzinsen geprägte Phasen ins Auge: zum einen die 70er Jahren und zum anderen die Phase von 2002 bis heute. Beide Phasen stellten ein eindeutig positives Umfeld für den Goldpreis dar.

Realzinsen vs. Goldpreis seit 1971

Realzinsen vs. Goldpreis seit 1971

Quelle: Federal Reserve St. Louis, Incrementum AG

Anhand einer kurzfristigeren Betrachtung der Realzinsen lässt sich die oben formulierte Vermutung besser erkennen. Seit Ende 2011 befinden wir uns in einer Phase steigender Realzinsen, was sich wiederum in fallenden Goldpreisen niederschlägt. Im Jahr 2009 erkannte man, dass Gold die Trendwende in Richtung fallender Realzinsen bereits korrekt antizipierte. Ähnlich könnte sich die Situation auch aktuell darstellen, sodass Gold bereits fallende Realzinsen diskontiert.

Gold vs. Realzinsen (invertierte Achse)

Gold vs. Realzinsen (invertierte Achse)

Quelle: Federal Reserve St. Louis, Incrementum AG

Die nachfolgende Tabelle zeigt die durchschnittliche monatliche Goldpreisentwicklung bei niedrigem, moderatem und hohem Realzinsniveau. Zudem führt sie diese Entwicklung bei steigenden und fallenden Realzinsen an. Das beste Umfeld (+1,5% pro Monat) für den Goldpreis bieten niedrige und fallende Realzinsen.

Historische Performance in unterschiedlichen Realzins-Niveaus

Historische Performance in unterschiedlichen Realzins-Niveaus

Quelle: World Gold Council

Fazit:

Eine langfristig negative Goldpreisentwicklung müsste mit steigenden bzw. konstant positiven Realzinsen einhergehen. Aufgrund der mittlerweile erreichten Schuldenniveaus – auf Ebene der Staaten, der Unternehmen aber auch der Privathaushalte – halten wir dies für schwer vorstellbar. Die Notenbanken sind schon längst zu Gefangenen der Überschuldungspolitik avanciert.

Aktien

Im Zuge der zuvor beschriebenen Asset Price Inflation und des disinflationären Umfelds zählen Aktien als klassische Sachwerte offensichtlich zu den größten Profiteuren. Im Vorjahr hatten wir formuliert: Das derzeitig noch vorherrschende „Lowflation“-Umfeld, welches von niedriger Preisinflation und tendenziell unter den Erwartungen liegenden Wachstumszahlen geprägt ist, entpuppt sich als Schlaraffenland für Aktieninvestoren.“ Da das disinflationäre Umfeld weiter anhielt, zählten Aktien in den vergangenen 12 Monaten zu den besten Anlageklassen.

Dass die Hausse mittlerweile besorgniserregende Ausmaße annimmt, zeigen zahlreiche Indikatoren und Vergleiche. So liegt der Anteil der „margin debt“ in Relation zur Marktkapitalisierung mittlerweile auf einem weit höheren Niveau als zum Höhepunkt der Dotcom-Blase.[20]

Ein langfristiger Blick auf die Bewertungsniveaus erscheint deshalb angebracht. Für eine langfristige Standortbestimmung eignet sich das sogenannte Shiller-KGV. Um konjunkturelle Schwankungen zu glätten berechnet es den inflationsbereinigten Gewinndurchschnitt der letzten 10 Jahre. Gemäß dieser Bewertungskennzahl scheinen die Aussichten für US-Aktien nicht rosig, die Bewertung befindet sich keineswegs auf „Schnäppchen-Niveau“. So liegt der aktuelle Wert bei 27 und wurde in der 134-jährigen Historie erst zwei Mal übertroffen. Der langfristige Durchschnitt liegt bei 16,6 und somit deutlich unter dem aktuellen Stand.

Shiller KGV seit 1881

Shiller KGV seit 1881

Quelle: Prof. Robert Shiller, Incrementum AG

Analysiert man die bisherigen vier Höchststände des Shiller-KGV’s und die darauffolgende Entwicklung des US-Aktienmarktes, so sollte dies den Optimismus der Aktienbullen dämpfen. Anleger haben in der darauffolgenden Dekade kein Geld verdient und maximale Verluste von 81% hinnehmen müssen.[21]

Tabelle

Quelle: Jordan Eliseo – ABC Bullion, Incrementum AG

Ein weiterer langfristiger Indikator – der sogenannte Buffett-Indikator – mahnt ebenfalls zur Vorsicht. Er zeigt die Gesamtkapitalisierung aller in den USA börsengehandelten Unternehmen in % des US-BIP’s. Erst einmal in der Geschichte, und zwar im 1. Quartal 2000, lag das Verhältnis höher als aktuell. Der Indikator bestätigt somit, dass US-Aktien im Vergleich zur Historie alles andere als günstig bewertet sind.

Gesamtkapitalisierung US Aktienmarkt in % des BIP

Gesamtkapitalisierung US Aktienmarkt in % des BIP

Quelle: Federal Reserve St. Louis, Incrementum AG

Auch das Tobin’s Q (Markt-Buchwert-Verhältnis) zeigt mittlerweile Extrem-Niveaus bei US-Aktien an. Die Bewertungskennzahl wird ermittelt, indem man den Marktwert eines Unternehmens (Aktienkapitalisierung plus Verbindlichkeiten) durch die Wiederbeschaffungskosten aller Vermögensgegenstände teilt.[22]

Seit dem Jahre 1900 liegt der Median in etwa bei 0,7. Seit 2009 (0,56) kann man einen signifikanten Anstieg des Tobin’s Q beobachten. Es ist inzwischen auf 1,12 und damit den zweithöchsten Stand in seiner Geschichte gestiegen. Mittlerweile befindet sich das Verhältnis zwei Standardabweichungen über dem langfristigen Mittelwert. Je weiter das Tobin’s Q steigt, desto wahrscheinlicher wird eine umfassende Kurskorrektur.[23]

Q-Ratio seit 1900

Q-Ratio seit 1900

Quelle: Doug Short – www.dshort.com

Gemäß unserer Auswertungen zeigt sich, dass Aktien bei einer Preisinflationsrate in Höhe von +1% bis +3% das beste Umfeld vorfinden. Dieser „Wohlfühlkorridor“ wurde beispielsweise in den 70er Jahren beständig verlassen, die Aktienmärkte tendierten nominell seitwärts, real jedoch deutlich im Minus. Auch Zeiträume mit relativ hohen Inflationsraten wie z.B. 2000-2002, 2005 oder 2007 bis Mitte 2008 bedeuteten ein tendenziell negatives Umfeld für die Aktienmärkte.[24]

US-Inflationsrate und Dow Jones Index seit 1971

US-Inflationsrate und Dow Jones Index seit 1971

Quelle: Incrementum AG, Wellenreiter Invest, Federal Reserve St. Louis

Ein Blick auf das langfristige Dow/Gold-Ratio zeigt eine relative Unterbewertung von Gold im Vergleich zu Aktien. Mit einem Wert von 15x liegt das Verhältnis derzeit deutlich über dem langfristigen Median von 6,1x. Im Jahre 1932 lag das Verhältnis bei 2x, am Ende des letzten Bullenmarktes 1980 lag das Verhältnis bei 1,3x. Die derzeitige Entwicklung des Ratios erinnert uns – nicht zuletzt aufgrund der ausgeprägten Disinflation – an die Zwischenkorrektur von 1974 bis 1976.

Dow/Gold-Ratio seit 1900 (logarithmische Skalierung)

Dow/Gold-Ratio seit 1900 (logarithmische Skalierung)

Quelle: Federal Reserve St. Louis, Incrementum AG

Fazit:

US-Aktien sind im Vergleich zu historischen Bewertungsniveaus äußerst ambitioniert bewertet. Eine Rückkehr zum Mittel erscheint nur eine Frage der Zeit. Wir gehen davon aus, dass Aktien derzeit die größten Opportunitätskosten für den Goldpreis darstellen. Sobald die Aktienrally ins Stottern gerät, könnte dies der Goldpreisentwicklung Rückenwind verschaffen.

[1] Wir sind auf die Portfolioeigenschaften von Gold bereits in unseren letzten Goldreports detailliert eingegangen, siehe „Die außergewöhnlichen Portfolioeigenschaften von Gold“ – Goldreport 2013, „Gold als stabilisierende Portfoliokomponente“ – Goldreport 2012 sowie „Gold als Portfolioversicherung“ – Goldreport 2011

[2] „The Collected Works of Carl Menger, Volume IV: Schriften über Geldtheorie und Währungspolitik.”, S. 29, Carl Menger

[3] Vgl. „Gold: a commodity like no other”, World Gold Council

[4] Vgl. „Gold: hedging against tail risk”, World Gold Council

[5] Vgl. „The impact of inflation and deflation on the case for gold”, Oxford Economics

[6] Monatliche Daten, 2005-2015

[7] Vgl. „Liquidity”, Howard Marks, Oaktree Memo

[8] Vgl. GFMS Gold Survey 2015

[9] Vgl. „Annual gold trades reaches $22 TRILLION“, Frik Els, Mining.com

[10] Vgl. Vorstandspräsentation Deutsche Bundesbank, 2013

[11] Ein Zirkulationskredit ist gemäß Mises ein Kredit, der nicht durch Ersparnisse gedeckt ist.

[12] Seit Einführung des Zielbandes haben wir in unseren Berechnungen die Obergrenze (0,25%) für die folgenden Charts und Tabellen in diesem Kapitel verwendet.

[13] Wie wir in unserem Buch aufzeigen, verstehen wir die derzeitigen Papiergeldwährungen nicht als Geld, sondern als staatliche Umlaufsmittel. Es handelt sich hierbei „(…) nach Ludwig von Mises [um] Bankwerte, die anstelle von Geld treten, durch dieses aber nicht hinsichtlich der Fälligkeit und Liquidität voll gedeckt sind“ Vgl. „Österreichische Schule für Anleger“, Taghizadegan, Stöferle, Valek, S. 36, 69

[14] Hierzu wird das geometrische Mittel des Währungskorbes gebildet.

[15] Ein Wert von -1 steht für eine perfekte negative Korrelation, während ein Wert von +1 eine perfekte positive Korrelation signalisiert.

[16] Vgl. „Gold Investor: Risk management and capital preservation, Volume 8“, World Gold Council

[17] Vgl. „Das goldene Erbe des US-Dollar”, Prof. Dr. Thorsten Polleit

[18] Vgl. „Gold Investor: Risk management and capital preservation“, Volume 8, World Gold Council

[19] Fed Funds Rate abzüglich der Preisinflationsrate

[20] Vgl. “IMF tells regulators to brace for global ‘liquidity shock’”, Ambrose Evans-Pritchard, The Telegraph

[21] Vgl. „Dire Straits: Money for Nothing – Debt for Free“, Jordan Eliseo

[22] Vgl. „Tobin’s Q”, Wikipedia

[23] Vgl. „Österreichische Schule für Anleger“, Taghizadegan, Stöferle, Valek, S. 263-264

[24] Vgl. „Ausblick 2015“, Wellenreiter-Invest Studie, Robert Rethfeld und Alexander Hirsekorn

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Ronald Stöferle und Mark Valek Autoren des In Gold We Trust report

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