Essenzielle Spezifika von Gold
a) Die außergewöhnlichen Portfolioeigenschaften von Gold[1]
Seit 15. August 1971 – dem Beginn der neuen monetären Zeitrechnung – beläuft sich die annualisierte Wachstumsrate des Goldpreises auf 8,95%. Die reale Aufwertung der Währung Gold gegenüber dem Dollar beträgt im Schnitt 4,7% pro Jahr. Das attraktive Ertrags-Risikoprofil erkennt man auch anhand der nachfolgenden Grafik. Ebenfalls ersichtlich wird, dass produktive Vermögenswerte – wie hier z.B. im Falle des S&P 500[2] über eine lange Periode stärkere Wertzuwächse als Gold aufweisen. Dies ist unserer Meinung nach aufgrund der mehrwertkreierenden Eigenschaften von Unternehmen auch über lange Fristigkeiten jedenfalls so zu erwarten. Kurz- bis mittelfristig jedoch kann das Ertrags-Risikoprofil durchwegs zugunsten von Gold umschlagen – vor allem in Zeiten monetärer Unsicherheiten.
Jährliche Rendite vs. jährliche Volatilität[3]
Quelle: Bloomberg, Ferdinand Regner, Incrementum AG
Dass sich die derzeitige Korrektur im langfristigen Kontext relativiert, lässt sich anhand der nachfolgenden jährlichen Durchschnittspreise erkennen.
Durchschnittlicher jährlicher Goldpreis
Quelle: Incrementum AG, Datastream
Der Wert der globalen Assets belief sich per Ende 2012 auf USD 223 Billionen[4]. Der Anteil von investierbarem Gold beläuft sich auf derzeit USD 1,1 Billionen, also lediglich 0,5%[5]. Wir meinen, dass sich der Anteil in Zukunft klar ausweiten wird, nachdem die bemerkenswerten Eigenschaften von Gold (globale Währung mit langjährigem Track-record, kein Kredit- oder Kontrahentenrisiko, hochliquide und global gehandelt, kaum Inflationierung seitens Minenproduktion) im aktuellen Umfeld besonders erstrebenswert sind.
Anteil von Gold an gesamten Finanzassets aktuell bei lediglich 0,5%
Quelle: World Gold Council, Credit Suisse, World Federation of Exchanges
Zahlreiche Studien belegen, dass eine Gold-Beimischung die Wertschwankung eines Portfolios verringert und somit die statistischen Portfolioeigenschaften verbessert. Vergleicht man die monatlichen Renditen des S&P500 und die von Gold seit 1971, so erkennt man diese Diversifikationseigenschaft sehr deutlich.
Über diese quantitativ nachweisbaren Eigenschaften hinaus, hat Gold als Vermögenswert noch die qualitative Eigenschaft, dass es ein schuldfreies Anlagegut ist und somit im Gegensatz zu Anleihen aber auch Bankguthaben kein inhärentes Gegenparteienrisiko trägt.
Monatliche Renditen S&P 500 vs. Gold seit 1971
Quelle: Federal Reserve St. Louis, Incrementum AG
b) Die „relative Knappheit“ von Gold vs. FIAT-Währungen
„If you can’t explain it to a six-year-old, you don’t understand it yourself.“
Albert Einstein
Die Angebotskurve von Gold verändert sich jährlich nur marginal. In erster Linie ist das Recycling-Angebot volatil, während sich die Minenproduktion extrem unelastisch verändert. Vergleich man dies mit der Angebotskurve von Papiergeldwährungen, so ist dies einer der wesentlichsten Vorzüge von Gold. Vertrauen in die aktuelle und zukünftige Kaufkraft von Geld hängt maßgeblich davon ab, wie viel Geld derzeit vorhanden ist und wie sich das Geld-Angebot im Laufe der Zukunft verändern wird. Anhand der nachfolgenden Grafiken erkennt man diese „relative Knappheit“. Die durchschnittliche Wachstumsrate der M2-Geldmenge lag zwischen 1868 und 2011 bei 6,6%, während der Goldbestand um lediglich 2,10% wuchs. Auch die Schwankungsbreite war wesentlich höher, sie lag bei M2 zwischen minus 15,6% und plus 26%, während sie bei Gold zwischen 1,4% und maximal 3,5% schwankte.
Maximale, minimale und durchschnittliche Veränderungsrate Gold vs. M2-Geldmenge: 1868-2011
Quelle: GoldMoney Foundation, „The Aboveground Gold Stock: Its Importance and Its Size“, James Turk
Analysiert man die Veränderungsraten in verschiedenen Zeitabschnitten, so erkennt man ebenfalls die relative Knappheit, die höhere Stabilität und die geringere Volatilität des Goldbestandes. Seit 1914, dem Jahr in dem die Federal Reserve ihre Arbeit aufnahm, liegt das M2-Wachstum im Schnitt bei 6,90%, während der Goldbestand um lediglich 2% pa. wächst.
Durchschnittliche Veränderungsrate Gold vs. M2-Geldmenge in verschiedenen Perioden
Quelle: GoldMoney Foundation, „The Aboveground Gold Stock: Its Importance and Its Size“, James Turk
Trotz des technologischen Fortschritts und der damit verbundenen Ausweitung der Fördermenge wuchs der Goldbestand in keinem Jahr um mehr als 3,5%. Dieses konstante Wachstum des Goldbestandes ergibt sich aus der Beschaffenheit der natürlichen Vorkommen. Auch wenn es immer aufwendiger und teurer wird Gold abzubauen, so wird dies von effizienter werdender Bergbautechnologie kompensiert[6].
Was bedeutet dies nun konkret? Gehen wir davon aus, dass der Goldpreis in Zukunft deutlich steigt und sich die Förderung anpasst, so wäre eine Förderung in Höhe von zB. 3.500 Tonnen auf Sicht von 10 Jahren durchaus möglich. Gehen wir weiters davon aus, dass die jährliche Förderung innerhalb der nächsten 10 Jahre um 3% pa. wächst, so läge die kumulative Förderung bei knapp 31.000 Tonnen. Insofern gäbe es im Jahre 2023 ca. 203.000 Tonnen Gold. Läge die Förderung zu diesem Zeitpunkt bei 3.500 Tonnen, so wäre dies trotzdem lediglich eine 1,7%ige jährliche Inflationierung der Goldbestände.
c) Stock-to-Flow Ratio als wichtigster Grund für die monetäre Bedeutung von Gold
Einmal mehr möchten wir auf „das größte Missverständnis im Goldsektor“[7] eingehen. Es gibt eine klare Unterscheidung zwischen Rohstoffen, die über ein Konsumationsmodell erklärt werden können (zB. Öl, Kupfer, Agrarrohstoffe) und Gütern die gekauft werden um sie zu halten (Gold, Diamanten, Kunst). Während bei Konsumgütern der wirtschaftliche Nutzen entsteht, wenn man das Gut vernichtet bzw. aufbraucht, so liegt der Nutzen von Anlagegütern in deren Besitz und späteren Weiterverkauf. Deshalb haben Rohstoffe ein niedriges Stock-to-Flow Ratio, dh. die Lagerbestände decken den Verbrauch meist nur für wenige Monate. Gäbe es gar keine Lagerbestände, so müsste das Angebot exakt der Produktion und die Nachfrage exakt dem Verbrauch entsprechen. Gibt es jedoch Lagerbestände, so kann der Konsum zeitweise höher liegen als die Produktion. Nachdem die Lager bei Konsumationsgütern jedoch nur gering sind, wird der Preis in Antizipation des baldigen Mangels rasch steigen und den Verbrauch in Einklang mit der Produktion bringen[8].
Anders als bei Rohstoffen besteht bei Gold und Silber eine enorme Diskrepanz zwischen jährlicher Produktion und dem gesamten verfügbaren Bestand (= hohes Stock-to-flow Ratio). Wie bereits im Vorjahr formuliert, gehen wir davon aus, dass das hohe Stock-to-flow Verhältnis das wichtigste Spezifikum von Gold (und Silber) darstellt. Das gesamte jemals geförderte Gold beläuft sich auf ca. 172.000 Tonnen. Dies bezeichnet man als „stock“. Die jährliche Produktion belief sich 2012 auf knapp 2.700 Tonnen. Dies nennt man „flow“. Dividiert man die beiden Beträge, so erhält man das Stock-to-flow Ratio von aktuell 64 Jahren.
Wir gehen somit davon aus, dass Gold nicht so wertvoll ist, weil es so selten ist, sondern ganz im Gegenteil: Gold wird so viel Wert beigemessen, weil die jährliche Produktion in Relation zum Bestand so gering ist. Anders ausgedrückt: nicht allein die Knappheit sondern vor allem die Konstanz der verfügbaren Menge macht das wesentliche Alleinstellungsmerkmal von Gold aus. Die jährliche Goldproduktion von knapp 2.700 Tonnen ist für die Preisfindung somit unbedeutend. Diese Eigenschaft wurde im Laufe der Jahrhunderte erworben und kann sich auch nicht mehr ändern. Diese Stabilität und Sicherheit ist eine zentrale Voraussetzung für die Schaffung von monetärem Vertrauen.
Neben dem Stock-to-flow Ratio ist die hohe Absatzfähigkeit ein wichtiges Merkmal von Gold. Je leichter ein Gut konvertiert werden kann, desto ausgeprägter ist seine „moneyness“. Carl Menger hatte die Theorie der Markt- bzw. Absatzfähigkeit bereit im 19. Jahrhundert entwickelt. Demnach hat sich Gold in einem langfristigen Evolutionsprozess durchgesetzt, weil seine Marktfähigkeit höher war, als bei jedem anderen Gut. Gemäß Menger fällt der Grenznutzen von Gold langsamer als bei anderen Gütern[9]. Deshalb genießen Gold und Silber ihren monetären Status nicht aufgrund ihrer angeblichen Knappheit, sondern vielmehr aufgrund ihrer überlegenen Marktfähigkeit[10].
Deshalb genießen Gold und Silber ihren monetären Status nicht aufgrund ihrer angeblichen Knappheit, sondern vielmehr aufgrund ihrer überlegenen Marktfähigkeit[11]. Hier besteht ein zentraler Unterschied zwischen Gold und anderen Wertspeichern wie zB. teuren Immobilien, Diamanten oder Kunstwerken: Ein Picasso, ein teurer Bordeaux oder eine Immobilie sind im Krisenfalle bei Liquidierungsnot nur schwer kurzfristig zu einem akzeptablen Preis liquidierbar. Zudem sind die Spezifika von Kunstwerken oder Immobilien erst im Rahmen einer längeren Due Dilligence ersichtlich. Die Fungibilität von Gold ist deshalb ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal[12]. Dies scheint ein weiterer Grund zu sein, wieso Notenbanken Gold und nicht Immobilien, Kunstgegenstände oder Rohstoffe, als zentrale Währungsreserven horten[13].
Der Grund, weshalb Individuen heute nicht ihr ganzes Geld ausgeben liegt daran, dass sie Reservationsnachfrage (engl. „reservation demand“)[14] für Geld haben und einen größeren Nutzen in der Zukunft sehen. Deshalb ist die Reservationsnachfrage für die Preisfindung essentiell. Es ist entscheidend wer Gold höher bewertet: der neue, inkrementelle Käufer oder der bestehende Eigentümer. Ein Großteil der Goldanalys(t)en beschäftigt sich jedoch ausschließlich mit dem „exchange-demand“ und geht deshalb davon aus, dass die Preisfindung bei Gold mithilfe eines banalen Konsumationsmodelles prognostiziert werden kann[15].
Eng verwandt damit ist der Reservationspreis (engl. „reservation price“). Jedes Gramm Gold, das aus unterschiedlichsten Motiven gehalten wird, ist zu einem bestimmten Preis verkäuflich. Die Motivationen, Gold zu besitzen sind vielfältig: Als Schmuck, Währungsreserve, in Form von Kunst-gegenständen, technologischen Anwendungen etc.. Ebenso vielfältig sind deshalb auch die Zeithorizonte, die zwischen einer kurzfristigen Spekulationen eines Traders bis hin zur generationenübergreifenden Versicherung einer indischen Braut reichen. Diese Entscheidungen sind nicht transparent, sondern hängen von miteinander konkurrierenden Opportunitäten im Zeitverlauf ab.
Deshalb sind die Opportunitätskosten so essentiell für den Goldpreis. Wie hoch sind die konkurrierenden wirtschaftlichen Chancen und Risiken, die ich in Kauf nehme, weil ich Gold halte? Realzinsen, Wachstumsraten der Geldmengenaggregate, Volumen und Qualität der Schulden, politische Risiken, sowie Attraktivität von anderen Assetklassen sind die wichtigsten Determinanten der Opportunitätskosten. Alle Marktteilnehmer haben hierfür unterschiedliche Filter, Gedanken und Zeitpräferenzen und lassen diese in die Preisfindung einfließen.
Jeder der Gold besitzt, ist somit Teil der Angebotsseite, nachdem er sowohl als Verkäufer aber auch als Käufer von weiteren Einheiten in Frage kommt. Es wird immer einen Preis oder eine Kombination aus Preis und Umständen geben, bei dem Marktteilnehmer ihr Gold verkaufen. Für manchen wird dies auf wesentlich höherem Preisniveau sein, für manchen jedoch auch auf einem deutlich tieferem Preisniveau (etwa in Folge eines deflationären Kollapses). Die Entscheidung Gold auf aktuellem Preisniveau nicht zu verkaufen, ist deshalb ähnlich wichtig wie die Entscheidung Gold zu kaufen.
d) Die fortschreitende (Re)monetarisierung von Gold im internationalen Finanz- und Währungssystem
“As the international community attempts to take on these challenges, gold waits in the wings. For the first time in many years, gold stands well prepared to move once more towards the centre-stage. This could be the start of an immensely important phase in the history of world money.”
OMFIF
Die Renaissance von Gold im klassischen Finanzwesen setzt sich fort. OMFIF[16], eine globaler Think Thank der Notenbanken und Sovereign Wealth Funds, spricht sich in einem aufsehenerregendem Report[17] für eine Remonetarisierung von Gold aus. Gold solle wieder eine zentrale Rolle im globalen Währungsgefüge spielen. Aufgrund seiner Historie sei Gold prädestiniert, um den Aufbau und die Pflege von Vertrauen und Stabilität in internationalen monetären Beziehungen[18] wiederherzustellen. Gold wäre als Währungsanker von gegenseitigem Nutzen für alle Länder und könnte den derzeit eskalierenden Währungskriegen ein Ende setzen. Eine Rückkehr zu einem klassischen Goldstandard wird seitens OMFIF allerdings nicht empfohlen. Gold sollte in erster Linie Zahlungsbilanztransaktionen ausgleichen. Der Report zeigt eindrucksvoll, dass grundlegende Veränderungen des Währungsgefüges bereits auf höchster Ebene diskutiert werden[19].
OMFIF empfiehlt eine Aufnahme von Gold in die Sonderziehungs-rechte des IWF. Diese Möglichkeit erwähnte auch der Gouverneur der Peoples Bank of China. Er sieht SDR’s als „Licht im Tunnel für die Reform des internationalen Währungssystems[20]. SDR’s sind eine vom IWF eingeführte Währungseinheit, die nicht auf den Devisenmärkten gehandelt wird[21]. Derzeit ist der USD mit 41,9% gewichtet, der EUR mit 37,4%, der JPY mit 9,4% und das Britische Pfund mit 11,3%. Neben Gold sollen auch die „R-Währungen“ [22] einen höheren Status im internationalen Währungsgefüge erhalten und in den SDR-Korb aufgenommen werden.
Aufgrund der hohen Liquidität und der einzigartigen Eigenschaften wird Gold immer häufiger als Besicherung eingesetzt. Nach Eurex, CME Group, der InternationalExchange und JPMorgan akzeptiert nun auch LCH.Clearnet, das größte Clearinghaus der Welt, Gold als Collateral[23]. Clearnet fungiert als Clearingstelle für die größten internationalen Börsen und Handelsplattformen sowie eine Reihe von OTC-Märkten und Derivaten. Es scheint, als wäre man über „Event-Risk“, systemische und monetäre Risiken besorgt.
Besonders in den USA wird der Ruf nach einer Golddeckung bzw. einer Akzeptanz als offizielles Zahlungsmittel immer lauter. Nachdem im Jahre 2011 bereits der US-Bundesstaat Utah Gold und Silber als offizielle Zahlungsmittel anerkannt hatte, liegen nun ähnliche Pläne in mehr als einem Dutzend weiterer Bundesstaaten vor[24]. Unterstützung erhalten die Initiativen ua. von der Tea-Party Bewegung und dem Gold Standard Institute. Wir interpretieren dies als starken Ausdruck der Unzufriedenheit hinsichtlich der Finanz- und Währungspolitik in den Vereinigten Staaten. Die Symbolwirkung der Initiativen ist enorm. Wir sehen eine sukzessive Fortsetzung dieses Remonetarisierungs-Trends.
Die zunehmende Anzahl von Initiativen, die eine Heimholung bzw. eine saubere Inventur der staatlichen Goldreserven fordern, illustriert ebenfalls die wachsende Bedeutung von Gold. Im Falle der deutschen Bundesbank (ca. 500 Tonnen innerhalb von 8 Jahren) dürfte dies in erster Linie dazu dienen, den öffentlichen Druck zu besänftigen. Doch auch zahlreiche andere Länder folgen dem Beispiel von Charles de Gaulle[25]. So bilden sich in Mexiko, der Schweiz, den Niederlanden, Aserbaidschan oder Rumänien Initiativen, die eine Repatriierung fordern. Wir sind der Überzeugung, dass dieser Wunsch nach Transparenz einerseits das wachsende Interesse der Bevölkerung an den staatlichen Goldreserven dokumentiert, andererseits auch ein Indiz für Misstrauen der Notenbanken untereinander ist.
Letztes Jahr ließ niemand geringerer als Bundesbank Präsident Jens Weidmann mit einer Rede aufhorchen, in der er sich höchst kritisch hinsichtlich der verdeckten Staatsfinanzierung und ungedeckter Papiergeldwährungen zeigte. Auch wenn er sich nicht direkt für eine Goldwährung aussprach, verwies er explizit auf die Funktion von Gold als Tausch-, Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel[26].
Auch die Forderung nach goldgedeckten Anleihen wird immer lauter. Es gibt eine Reihe von Präzedenzfällen für seine Verwendung als Sicherheit in Krisensituationen. In den 70er Jahren setzten beispielsweise Italien und Portugal ihre Goldreserven als Sicherheiten für Kredite seitens der deutschen Bundesbank und der BIS ein. 1991 nutze Indien sein Gold als Sicherheit für ein Darlehen bei der Bank of Japan.
In einer Studie im Auftrag des europäischen Parlaments kam der Autor Ansgar Belke zur Conclusio, dass goldgedeckte Bonds wesentlich transparenter, attraktiver und fairer für Investoren seien, als Staatsanleihenkaufprogramme[27]. Goldgedeckte Bonds würden lt. Studie den Druck der Staatsschuldenkrise zumindest kurzfristig lindern. Auch das World Gold Council lobbyiert in eine ähnliche Richtung und rät Italien, goldgedeckte Bonds zu begeben. Ein Teil der Goldreserven in Höhe von 2.400 Tonnen solle als Sicherheit verwendet werden. Dies solle die Finanzierungskosten verringern und das angeschlagene Vertrauen in die Kreditwürdigkeit Italiens wiederherstellen[28].
“Simply speaking, a goldbased solution would be less inflation-prone. Those arguing that the gold-backing solution would decouple the money supply and hard currency potentially leading to hyperinflation neglect the current non-role of gold for backing a currency. But above all, the use of gold as collateral avoids or lessens in importance, the reduction of incentives for reform of the beneficiary countries under the SMP and the OMT.” Ansgar Belke in einem Paper des europäischen Parlaments[29]
Die Notenbankkäufe beliefen sich seit unserem letzten Report im Juli 2012 auf 534 Tonnen. Dies bedeutet den höchsten Wert seit 1964. Für 2013 erwartet der IWF ein Nettovolumen von 550 Tonnen. Besonders die Schwellenländer zeigen vermehrtes Selbstbewusstsein hinsichtlich der eigenen (wirtschafts-) politischen Stärke, andererseits aber auch steigendes Misstrauen gegenüber den etablierten Reservewährungen. Dies zeigt sich an den stark gestiegenen Goldkäufen seitens der jeweiligen Notenbanken.
Notenbankkäufe seit Juli 2012 in Tonnen
Quelle: World Gold Council
Während in den 60er Jahren (vor dem Zusammenbruch von Bretton Woods) Frankreich der wichtigste Kritiker der Dollar-Währungs-hegemonie war, so scheint es nun China zu sein. Frankreich kritisierte damals das „Exorbitant Privilege“ [30], stoppte den Kauf von US-Treasuries, konvertierte Dollars in Gold und repatriierte Gold. Ähnlich verhält sich derzeit China, das den Status des Dollars als „Produkt der Vergangenheit“ bezeichnete[31]. Wir gehen davon aus, dass die baldige Transformation des Renmibi zu einer verlässlichen, stabilen und global gehandelten Währung eine der obersten Prioritäten der chinesischen Führung ist[32].
Die internationale Akzeptanz des Renminbis schreitet rasch voran. In der ersten Jahreshälfte 2012 beliefen sich die Anteile des Renminbis im grenzüberschreitenden Handel bereits auf 11% (vs. 7% in 2011 bzw. 2% in 2010). China setzte zuletzt zahlreiche wichtige Schritte in Richtung Emanzipation vom Dollar-zentrierten Weltbild. Mit Hilfe bilateraler Handelsabkommen und Clearing-Agreements wird die wirtschaftliche Integration und Konvertibilität des Renminbi sukzessive aufgebaut. So hat die PBoC innerhalb der letzten Monate 18 Swap-Agreeements mit Notenbanken abgeschlossen, darunter ua. Japan, Südkorea, Hongkong, Singapur, Argentinien und Australien. Mehr als 10 asiatische Notenbanken verfügen bereits über Renminbi-Reserven, nun will man dies auf Südamerika, Afrika, Europa und den Nahen Osten ausweiten. Im September 2012 kündigte China an, dass jedes Land das Rohöl handeln möchte, dies von nun an auch in chinesischer Währung machen könne. Wenig später vermeldete Russland ein Handelsabkommen mit China, im Rahmen dessen man China unlimitiert Rohöl verkaufen werde. Die Geschäfte werden ausschließlich in Renminbi fakturiert.
Anteil des Renminbi am internationalen Handel
Quelle: State Administration of Foreign Exchange, OMFIF
China möchte den Renminbi als dominante Währung innerhalb der Emerging Markets etablieren. Dies erinnert an die Deutsche Mark, die in den 70ern und 80ern eine Hartwährungsalternative zum Dollar war. Das Ziel kann allerdings nur erreicht werden, wenn der Wechselkurs stark ist und der langfristigen Kaufkraft Glauben geschenkt wird. Wir denken, dass Gold ein Eckpfeiler der chinesischen Strategie sein wird. Konkret gehen wir davon aus, dass Chinas Zentralbank weiterhin verdeckt Gold akkumuliert und halten eine geplante Golddeckung des Renminbi für möglich. Ein goldgedeckter Renminbi würde die internationale Akzeptanz auf einen Schlag erhöhen. So war der enorme Goldbestand der Vereinigten Staaten[33] – neben der militärischen Übermacht – ein zentraler Grund, wieso der US-Dollar zur Weltreservewährung avancierte.
Lt. World Gold Council hat die chinesische Notenbank seit 2009 keine Goldkäufe getätigt. Die Tatsache, dass es seit vier Jahren keine offizielle Meldung gab, spricht klar dafür, dass China erneut überraschend höhere Goldbestände ausweisen wird. Indizien dafür gibt es zuhauf. Im Vorjahr stiegen die Goldexporte von Hongkong nach Festlandchina um 47% auf knapp 560 Tonnen. Das Momentum scheint klar zuzunehmen, so beläuft sich die Zahl seit Jahresbeginn bereits auf 498 Tonnen.
Chinesische Goldimporte aus Hongkong (in Tonnen)
Quelle: Hong Kong Census &Statistics Department, Incrementum AG
Unsere Vermutung wird auch von Aussagen chinesischer Offizieller bestätigt. Bereits 2009 meldete die Zeitung China Youth Daily, dass es eine Task Force gäbe, die den Auftrag hat, die Goldreserven Chinas zu erhöhen. Die Goldreserven sollten innerhalb der nächsten 3-5 Jahre auf 6.000 Tonnen und anschließend auf 10.000 Tonnen erhöht werden. Dies bestätigt auch ein Vertreter der chinesischen Handelskammer. Lt. Aussage werde China die Goldreserven auf bis zu 8.000 Tonnen anheben[34]. Wir gehen deshalb davon aus, dass die PBoC ihre Goldbestände derzeit massiv ausbaut und über weitaus höhere Reserven, als die offiziell ausgewiesenen 1.054 Tonnen, verfügt. Wir halten es für realistisch, dass China mittlerweile über 4.000-6.000 Tonnen und damit die zweithöchsten Goldbestände weltweit verfügt.
e) Exkurs: Gründe für die „Aurophobie“
Es scheint, als gäbe es lediglich zwei Lager: Personen die Gold lieben (aka „Gold Bugs“) und Personen die es hassen. Zwischen diesen beiden Extremen scheint es wenige Grautöne zu geben und nur langsam wechseln Personen von einem Lager in das andere. Es scheint als gäbe es – insb. im Finanzsektor – eine „Aurophobie“. Unserer Meinung nach gibt es einige Phänomene aus der Verhaltenspsychologie (behavorial economics), die die extrem emotionalen Attitüden gegenüber Gold erklären:
- Mentale Buchführung („mental accounting“): Menschen teilen Finanztransaktionen stets in „mentale Konten“ ein und bewerten diese unterschiedlich. Zinserträge werden zB. auf anderen Konten verbucht als Kursgewinne. Dividenden werden deshalb als permanenter Zugang zum Einkommen gerechnet, während Kapitalgewinne als nicht dauerhaft verbucht werden, obwohl beide den exakt gleichen finanziellen Nutzen haben. Dies erklärt auch, wieso „Gold zahlt keine Zinsen“ ein so zentrales Gegenargument zu sein scheint.
- Normalitätsbias: Er bezieht sich auf einen mentalen Zustand verzerrter Wahrnehmung, in den Menschen eintreten wenn sie vor einer Katastrophe stehen.
- kognitive Dissonanz[35]: Sie entsteht bei einer Gefährdung des stabilen, positiven Selbstkonzepts, wenn also jemand Informationen bekommt, die ihn als dumm, unmoralisch oder irrational dastehen lassen. Dies scheint der Grund dafür zu sein, dass der erstmalige Goldkauf für viele Menschen eine enorme mentale Überwindung darstellt.
- Verfügbarkeitsheuristik sowie selektive Informationswahrnehmung: Der Mensch neigt dazu, Ereignisse in der jüngeren Vergangenheit gegenüber lange vergangenen Ereignissen überzubewerten. Die jüngere Vergangenheit wird somit in die Zukunft extrapoliert.
[1] Wir sind auf die Portfolioeigenschaften von Gold bereits in unseren letzten Goldreports detailliert eingegangen, siehe „Gold als Portfolioversicherung“ – Goldreport 2011 sowie „Gold als stabilisierende Portfoliokomponente“ – Goldreport 2012
[2] Total Return, also inkl. Dividendenzahlungen
[3] Alle Daten CAGR. Periodizität ab 1971, außer: Aktien Emerging Markets (ab 1988), Aktien Eurozone (ab 1987) und US Treasuries (ab 1974)
[4] Vgl. “Global Wealth 2012: The Year in Review”, Credit Suisse
[5] Der Gesamtbestand an Gold ist wesentlich höher, jedoch nicht liquide da in Form von Kunstgegenständen, Zentralbank-Beständen, als unverkäuflicher Schmuck oder in Technologieprodukten.
[6] Vgl. „The Aboveground Gold Stock: It’s Importance and Ist Size“, GoldMoney Foundation, James Turk and Juan Castaneda
[7] Vgl. “In Gold We Trust” 2012, “Das größte Missverständnis im Goldsektor” sowie “Does Gold Mining Matter?” und “The Myth of the Gold Supply Deficit” von Robert Blumen
[8] Vgl. „What is key for the price formation of gold“, Robert Blumen, The Matterhorn Interview
[9] Vgl. “The Gold Problem Revisited”, Prof. Antal Fekete
[10] Vgl. „Critique of Mainstream Austrian Economics“, Prof. Antal Fekete
[11] Vgl. „Critique of Mainstream Austrian Economics“, Prof. Antal Fekete
[12] Diese Tatsache erkennt man oftmals in Stresssituationen im Finanzsystem. In solchen Phasen ist es niemals der Briefkurs (offer), sondern immer der Geldkurs (bid) der plötzlich verschwindet. Aufgrund der hohen Liquidität und des niedrigen Bid-Ask-Spreads wird Gold deshalb in Stresssituation oftmals rasch liquidiert um Liquidität zu schaffen.
[13] Vgl. „Bitcoin: Money of the Future or Old Fashioned Bubble“, Mises Daily, Patrik Korda
[14] Reservationsnachfrage bedeutet, dass man indem man etwas behält und sich entscheidet bewusst NICHT zu verkaufen, ebenfalls Nachfrage generiert. Jedes Gut das man hält und sich nicht entscheidet zu verkaufen, unterliegt deshalb einer Reservationsnachfrage.
[15] Anmerkung: Deshalb ist es unserer Meinung nach falsch, dass Gold meist im Commodity-Research analysiert wird, nachdem die Währungsabteilung dafür besser prädestiniert wäre.
[16] Official Monetary and Financial Institutions Forum
[17] „Gold, the Renminbi and the multi-currency reserve system“, OMFIF, Jänner 2013
[18] Vgl. „Ein Schub für Renminbi und Gold“, Lars Schall
[19] Vgl. „The Central Bank Revolution II“, Hinde Capital, 2013
[20] Vgl. „China eyes SDR as global currency“, China daily
[21] Neben der Funktion als Währungseinheit kann der IWF auch SDRs begeben. Dies ist bislang allerdings noch nicht in signifikantem Ausmaß geschehen. Das letzte Mal wurden im Jahr 2009 188,6 Mrd SDR’s geschöpft. Dies entsprach in etwa USD 282 Mrd.
[22] Renminbi, Indische Rupie, Russischer Rubel, Brasilianischer Real und Südafrikanischer Rand
[23] http://www.zerohedge.com/news/lchclearnet-accepts-‘loco-london’-gold-collateral-next-tuesday
[24] http://www.bloomberg.com/news/2013-04-08/trust-in-gold-not-bernanke-as-u-s-states-promote-bullion.html
[25] Frankreich ließ unter de Gaulle (auf Anregung des legendären Jacques Rueff) einen Großteil der Dollar-Reserven im Rahmen des Bretton-Woods-Abkommens in Gold umtauschen und anschließend nach Frankreich verschiffen, damit sie nicht die „dem Zugriff einer fremden Macht preisgegeben“ seien.
[26] http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Reden/2012/2012_09_18_weidmann_begruessungsrede.html
[27] SMP – Securities Markets Programme
[28] “Italy considers gold as an alternative to austerity“, World Gold Council
[29] “A More Effective Euro Area Monetary Policy than OMTs – Gold-Backed Sovereign Debt”, Europäisches Parlament, Ansgar Belke, DIW Berlin and University of Duisburg-Essen
[30] Eine Bezeichnung des ehem. französischen Finanzministers Giscard d’Estaing in den 1960er Jahren, die das amerikanische Privileg und die Macht der Weltleitwährung beschreibt
[31] Vgl. „Inflationary Deflation“, Paul Mylchreest, Seymour Pierce
[32] Wobei man hier klar zwischen Reservewährung und Handelswährung differenzieren sollte.
[33] Die amerikanischen Goldreserven lagen im Jahre 1952 bei 29.663 Tonnen
[34]„China should significantly boost gold in reserves“, Reuters
[35] Kognitiver Dissonanz ist ein Begriff aus der Sozialpsychologie und erklärt „einen als unangenehm empfundenen Gefühlszustand, der dadurch entsteht, dass ein Mensch mehrere Kognitionen hat – Wahrnehmungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche oder Absichten, die nicht miteinander vereinbar sind, also eine Art von „Störgefühl“.